Digitaler Zwilling, 5G und das Industrial Internet of Things: Aachener Fraunhofer-Institute starten drei Praxisstudien mit 15 Partnern
Wie aus Maschinendaten ein digitaler Zwilling entsteht, wie Unternehmen den neuen Mobilfunkstandard 5G in ihrer Produktion einsetzen können und welche Software das Industrial Internet of Things antreiben kann – das untersuchen jetzt die drei Aachener Fraunhofer-Institute gemeinsam mit den 15 Industriepartnern ihrer neuen Forschungscommunity im International Center for Networked, Adaptive Production, kurz ICNAP. Während ihres ersten Jahrestreffens hatten die ICNAP-Partner diese drei Themenfelder als besonders dringlich eingestuft und für die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten des kommenden Jahres ausgewählt. Bis Ende 2019 sollen nun in drei unabhängigen Studien Antworten erarbeitet werden.
Ziel der ICNAP-Community ist es, neue Produktionssysteme und Wertschöpfungsketten im Sinne der Industrie 4.0 zu entwickeln und diese anhand konkreter Fertigungsaufgaben für den industriellen Einsatz zu erproben. Die drei Aachener Fraunhofer-Institute für Produktionstechnologie IPT, für Lasertechnik ILT sowie für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME werden dies gemeinsam mit namhaften Industriepartnern wie Ericsson GmbH, MTU Aero Engines AG und Atlas Copco Airpower N.V. umsetzen. Weitere Partner des ICNAP stammen aus dem Bereich der Mess- und Sensortechnik, der IT, dem Maschinen- und Anlagenbau sowie aus produzierenden Unternehmen unterschiedlicher Branchen.
Drei Studien an den Schnittstellen von IT und Produktion
Die Studie »Merging data sources from different manufacturing technologies into one Digital Twin« befasst sich mit den Datenstrukturen für den Aufbau eines digitalen Zwillings in komplexen Fertigungsumgebungen. Hier geht es nicht nur darum, welche Daten direkt von der Produktionsmaschine aufgenommen werden können und für welche Daten zusätzliche Sensoren erforderlich sind. Um die gesammelten Daten entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu speichern und Informationen daraus zu gewinnen, müssen die Daten zusammengeführt und miteinander in Beziehung gesetzt werden. Als Ergebnis entsteht ein digitales Abbild des realen Prozesses, mit dem es gelingen kann, diesen zielgerichtet und anwendergerecht zu visualisieren. Aus dem gewonnenen Wissen über den Prozess lassen sich dann Handlungsempfehlungen und Feedbackstrategien für die Produktion ableiten.
In der Studie »Development of a reference architecture for 5G-enabled production« erarbeiten die Partner die Voraussetzungen für den Einsatz der 5G-Mobilfunktechnologie in der Produktion. Die 5G-Technologie ermöglicht erstmals den Einsatz kabelloser Sensorverbindungen in Maschinen und Anlagen und schafft damit die Voraussetzungen für Echtzeit-Datenanalysen und eine adaptive Regelung der Fertigungsprozesse mit kurzen Reaktionszeiten. Da bisher für diese Anwendungen noch keine Standards existieren, definieren die ICNAP-Partner in dieser Studie, welche geeigneten Kommunikationsprotokolle genutzt werden können und welche Anforderungen bei der Datenübertragung hinsichtlich Datendurchsatz und Latenz für die jeweiligen Produktionsprozesse zu erfüllen sind.
Die dritte Studie befasst sich unter dem Thema »Middleware software for industrial Internet of Things« damit, welche IT-Systeme sich für das Datenbankmanagement und für Clouds zur unternehmensinternen und -übergreifenden Vernetzung von Maschinen und Anlagen eignen. Ist die Kommunikation innerhalb der Produktion hergestellt, muss festgelegt sein, wie Daten aus unterschiedlichen Quellen zeitlich synchron und mit unterschiedlichen Aufnahmefrequenzen normiert abgelegt werden. Auch die Beschaffenheit verschiedener Quellen und die geforderte Genauigkeit der Daten werden in diesem Rahmen definiert, um Analyseergebnisse innerhalb der vernetzten Produktion korrekt bewerten zu können.
Hackathon in Aachen: Industrie 4.0 erleben und gestalten
Für die drei Studien ist neben drei Arbeitstreffen, in denen die Forschungsergebnisse gemeinsam mit den Industriepartnern diskutiert werden, auch ein Hackathon vorgesehen. Auf diese Weise wollen die Aachener Institute das kreative Potenzial im Umfeld der Aachener Hochschule in ihre Entwicklungsarbeiten einbeziehen: Begabte Studierende und Absolventen können vom 28. bis 30. Juni 2019 die Gelegenheit wahrnehmen, sich in kleinen Teams in der Digital Church in Aachen an den aktuellen Herausforderungen der Industrie 4.0 zu versuchen und anhand praxisbezogener Programmieraufgaben in einer echten Fertigungsumgebung ihr Können unter Beweis zu stellen. Anmeldungen zur Teilnahme sind ab sofort unter www.vernetzte-adaptive-produktion.de/hackathon2019 möglich.
ICNAP: Eine Forschungsplattform für die Industrie
Das International Center for Networked, Adaptive Production geht auf das Fraunhofer-Leistungszentrum »Vernetzte, adaptive Produktion« zurück, das als Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen und der Fraunhofer-Gesellschaft mit intensiver Unterstützung aus der Industrie Ende 2016 in Aachen gestartet wurde. Aufgabe des Leistungszentrums ist es, bis Ende 2019 eine offene Forschungsplattform und Testumgebung für die Industrie auf den Weg zu bringen, in der neue Konzepte einer digitalisierten Produktion erforscht und praxisnah erprobt werden können. Das ICNAP verstetigt damit die Aktivitäten der Partner aus dem Leistungszentrum und bietet seit rund einem Jahr weiteren interessierten Unternehmen ein dreistufiges Modell zur Teilnahme an.
Während der Hannover-Messe stellen die Aachener Institute in Halle 6, Stand A30, die Ansätze ihrer Studien und das Community-Modell des ICNAP anhand der Zusammenarbeit mit verschiedenen Branchen vor.