Smarte Optiken mit Nanostrukturen für kostengünstiges Lichtmanagement
Rund ein Fünftel des weltweiten Energieverbrauchs entfällt auf die Beleuchtung. Ob in Fußballstadien, öffentlichen und privaten Gebäuden oder Fahrzeugen – gefragt sind smarte, kostengünstige Lichtmanagementsysteme, die den Beleuchtungsbedarf erkennen und darauf reagieren. In solchen Systemen werden lichtlenkende Optiken verwendet, die über komplexe, dreidimensionale Oberflächenstrukturen verfügen. Ein Team am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen entwickelte nun ein neues Verfahren, das die Fertigung von Lichtmanagement-Optiken deutlich kostengünstiger macht. Auch in der Mikrofluidik und zur Herstellung antibakterieller Oberflächen ist die Anwendung des Verfahrens künftig möglich.
Ein gutes Lichtmanagementsystem gibt Licht nur dorthin ab, wo es tatsächlich benötigt wird und steuert gleichzeitig auch die Beleuchtungsintensität. Die Optiken solcher Systeme müssen das Licht je nach Bedarf lenken und streuen. Dazu werden die Optikoberflächen üblicherweise mit Nanostrukturen versehen, die das Licht in gewünschter Weise leiten. Zur Strukturierung kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz, beispielsweise Ätzverfahren, laserbasierte Technologien oder replikative Verfahren wie der Spritzguss oder das moderne und hocheffiziente Verfahren des Präzisionsblankpressens, mit dem sich in kurzer Zeit hohe Stückzahlen herstellen lassen. Eine weitere Methode ist die lithographische Strukturierung einzelner Optiken mit Hilfe eines Lasers.
Optiken mit multifunktionalen Nanostrukturen zur Lichtlenkung und -streuung
Im Forschungsprojekt »INTENSE« entwickelte ein Team des Fraunhofer IPT gemeinsam mit Projektpartnern einen neuen Prozess zur Herstellung von Optiken mit solchen Nanostrukturen für den Einsatz in Lichtmanagementsystemen. Das Ergebnis am Ende des Projekts waren komplexen Nanostrukturen, die gleich mehrere Funktionen, etwa Streuung bei gleichzeitiger Lenkung, übernehmen können. Durch Spritzguss lassen sich die Optiken auch kostengünstig und in Serie herstellen.
Die Forscherinnen und Forscher gingen in drei Schritten vor: Zunächst erstellten sie mithilfe eines Simulations-Programms eine digitale Nanostrukturvorlage. Mithilfe eines am Fraunhofer IPT weiterentwickelten Algorithmus übersetzten sie diese digitale Masterstruktur in ein sogenanntes Phasenbild. Auf Basis dieses Phasenbildes erstellten sie im dritten Schritt mithilfe eines Spatial Light Modulators (SLM) eine reale 3D-Struktur.
Spatial Light Modulator (SLM) ermöglicht hochauflösendes Bild der Nanostrukturen
Ein Spatial Light Modulator (SLM) ist eine spezielle Art der Interferenzlithographie. Beide übertragen ein 3D-Phasenbild in reale dreidimensionale Strukturen, indem ein Laserstrahl aufgespalten wird und die Strahlen überlagert werden. Allerdings wird der Laserstrahl bei der Interferenzlithographie nur wenige Male aufgespalten, womit sich vor allem periodische Strukturen mit Strukturgrößen bis zu 100 Nanometer erzeugen lassen.
Während bei der Interferenzlithographie nur wenige Phasenbilder realisiert werden können, kann der SLM durch die Vielzahl an Pixel ein nahezu beliebiges Phasenbildes erzeugen, d.h. der Laser wird je nach Komplexität des Bildes millionenfach geteilt. Die Überlagerung dieser vielen Teilstrahlen sorgt für ein hochauflösendes Bild, mit dem sich selbst hochkomplexe dreidimensionalen Strukturen erzeugen lassen. Beide Verfahren haben den Vorteil, dass sich ganze Wafer auf einmal strukturieren lassen. Dadurch kann die Herstellung deutlich beschleunigt werden, und Kosten werden eingespart.
Strukturflächen zwischen einem Quadratmillimeter und einem Quadratdezimeter möglich
Das Phasenbild wird in echte dreidimensionale Strukturen übertragen, indem es mit dem SLM in die Oberfläche eines Polymers eingebracht wird. In ihrer Testumgebung strukturierten die Forscherinnen und Forscher Flächen in der Größe zwischen einem Quadratmillimeter und einem Quadratdezimeter.
Das Ergebnis waren Oberflächen mit kombinierten Nanostrukturen, die nun für die Abformung in Spritzguss oder dem. Präzisionsblankpressen eingesetzt werden können. »Durch die Kombination aus Blazegitter und Diffusor konnten wir eine Kombination lichtmanipulierender Eigenschaften erzielen«, sagt Projektleiterin Cornelia Rojacher. »Damit lassen sich nun erstmals multifunktionale Oberflächen mit nur einem Herstellungsschritt erzeugen.«
Auch die Kombination von SLM und klassischer Interferenzlithographie konnten die Forscherinnen und Forscher erfolgreich testen. »Die Kombination der Verfahren ist interessant, weil auf diese Weise sowohl die kleinen Merkmalgrößen der Interferenzlithographie als auch die Formflexibilität des SLM gleichzeitig genutzt werden können«, erläutert Cornelia Rojacher.
Anwendung des SLM in der Biotechnologie und Medizin geplant
Nach den positiven Ergebnissen planen die Forscherinnen und Forscher, den Einsatz des SLM weiter für die Optikherstellung zu optimieren. Denn mit einer noch höheren Auflösung wird die Technologie auch für biologische Anwendungen interessant, etwa zur Herstellung anti-bakterieller oder mikrofluidischer Strukturen. Durch eine reduzierte Formabweichung sollen die Strukturen noch kleiner und formgetreuer werden. Ein weiteres Ziel ist es, das Verfahren auch auf gekrümmte Oberflächen abzubilden, um beispielsweise Zellgerüste für die Differenzierung von Stammzellen herzustellen.