Die Erfolgsfaktoren auf dem Weg zur Smart Factory
Im Zuge der Coronapandemie hat sich der Handlungsdruck für Unternehmen erhöht – sie müssen resilienter und gleichzeitig effizienter wirtschaften. Jedoch ist eine gängige Annahme, dass Resilienz und Effizienz für produzierende Unternehmen gegenläufige Ziele sind. Die Industrie 4.0 kann einen Beitrag zur Auflösung dieses Spannungsfelds leisten. Allerdings ist für viele Unternehmen die operative Umsetzung von Industrie 4.0 nach wie vor eine größere Herausforderung. Während die Implementierung ausgewählter und vereinzelter Pilotprojekte vielfach gelingt, scheitern viele produzierende Unternehmen im Anschluss ander breiten Skalierung. Diese ist jedoch unabdingbar, um die gesamtheitlichen Vorteile von Industrie-4.0-Lösungen nachhaltig umzusetzen.
Wie können produzierende Unternehmen das volle Potenzial von Industrie-4.0-Anwendungen ausschöpfen?
Wir haben die wesentlichen Erfolgsfaktoren in der Skalierung von Industrie-4.0-Anwendungen identifiziert, um produzierende Unternehmen bei der Entwicklung ganzheitlicher Konzepte für die Smart Factory bestmöglich zu unterstützen – über die Implementierung einzelner Leuchtturmprojekte hinausgehend.
Einer der identifizierten Erfolgsfaktoren bei der Skalierung ist die Berücksichtigung der Diversität einzelner Werksstandorte innerhalb eines Produktionsnetzwerks – zum Beispiel bezüglich der eingesetzten Fertigungstechnologien oder des Grads an produzierter Varianz. Nicht jeder Nutzen, der im Rahmen eines Pilotprojekts erzielt wurde, lässt sich ohne weiteres auf andere Standorte übertragen. Eine werksspezifische Auswahl von Projekten ist unerlässlich. Ein ganzheitliches Industrie-4.0-Konzept nimmt die individuellen Randbedingungen einzelner Werke strukturiert auf. Dies ermöglicht im Anschluss eine individuelle Auswahl von Industrie-4.0-Anwendungen, den sogenannten Use Cases. Hier kann die Use-Case-Datenbank des Fraunhofer IPT unterstützen, in der mehr als 100 verschiedene Industrie-4.0-Use-Cases gelistet und klassifiziert sind. Die Klassifizierung orientiert sich an den werksspezifischen Faktoren, wie beispielsweise der Anzahl von Montagestationen oder Maschinen, und ermöglicht so einen zielgerichteten Abgleich mit den Randbedingungen und Besonderheiten einzelner Werksstandorte.
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die frühzeitige Einbindung späterer Anwender in den Auswahlprozess. Während Unternehmen für Pilotprojekte in der Regel begeisterte Stakeholder finden, müssen sie bei einer flächendeckenden Einführung von Digitalisierungslösungen oft Überzeugungsarbeit bei den Anwenderinnen und Anwendern leisten. Etablierte Prozesse haben sich über Jahre bewährt. Es bedarf also einer über alle Unternehmensebenen hinweg transparenten und vertrauensvollen Kommunikation zur Darstellung des Projektnutzens. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der strategische Nutzen von Industrie 4.0 mit den etablierten Methoden der betriebswirtschaftlichen Investitionsrechnung nicht umfassend quantifizieren lässt. Auch kurzfristige Amortisationszeiten sind nicht immer gewährleistet. Langfristig profitieren Unternehmen jedoch durch die strategischen Nutzenpotenziale. Dazu zählen zum Beispiel eine erhöhte Flexibilität oder eine umweltfreundlichere Produktion. Die Coronapandemie hat dies bereits bewiesen und der fortschreitende Klimawandel wird zeigen, wie wichtig eine dynamische Anpassung an die Umwelt für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens ist. Das Fraunhofer IPT hilft im Rahmen des Smart-Factory-Konzepts dabei, die wichtigen strategischen Faktoren für Unternehmen zu definieren und in der Auswahl von Industrie-4.0-Anwendungen zu berücksichtigen.
Um nach dem Auswahlprozess Synergien bei der Implementierung verschiedener Werksstandorte auszuschöpfen, sollte eine Skalierung von Industrie 4.0 auf einer übergreifenden Technologieplattform erfolgen. Diese bündelt das technologisch vorhandene Wissen an einer zentralen Stelle im Unternehmen und unterstützt den effizienten Roll-Out. So wird verhindert, dass jeder Standort eigene technologische Lösungen oder gar die benötigte Infrastruktur hinter Industrie 4.0 separat entwickelt.
Wie kann das Fraunhofer IPT in diesem Prozess unterstützen?
Das Fraunhofer IPT unterstützt produzierende Unternehmen bei der Entwicklung eines ganzheitlichen Konzepts für die Smart Factory. Dabei werden keine Einheitslösungen erarbeitet, sondern die individuellen Anforderungen einzelner Standorte berücksichtigt. Unternehmen werden in die Lage versetzt, Industrie 4.0 flächendeckend und über einzelne Pilotprojekte hinausgehend im Produktionsnetzwerk auszurollen. Erst eine flächendeckende Skalierung erlaubt die Nutzung von Synergien und das Erzielen eines größtmöglichen Nutzens von Industrie 4.0. Unternehmen erhalten eine Entwicklungsroadmap, bei der in Abhängigkeit vom individuellen Zielbild die zugehörigen Industrie-4.0-Use-Cases dargestellt sind. Dadurch können produzierende Unternehmen werksspezifische Zielgrößen wie Kosten, Qualität, Flexibilität oder Nachhaltigkeit optimieren.