Separate Innovationseinheiten: Wenn der Erfolg hinter den Erwartungen zurückbleibt
Steigende Anforderungen an die Nachhaltigkeit und neue technologische Möglichkeiten erhöhen den Druck auf Unternehmen, schneller und radikaler Innovationen hervorzubringen. Um sich Wettbewerbsvorteile zu sichern, setzt das Management die Erschließung neuer Geschäftsfelder oder die strategische Transformation immer öfter ganz oben auf die Prioritätenliste. Helfen sollen dabei separate Innovationspfade, sogenannte Inkubatoren, Innovation Labs oder Technologie-Center, die entkoppelt vom Kerngeschäft die Zukunftssicherung der Organisation betreiben sollen. Nach anfänglicher Begeisterung und hohem Engagement bleibt der Erfolg dieser Innovationseinheiten jedoch häufig hinter den Erwartungen zurück. Zunehmend wird ihre Daseinsberechtigung nun – vor dem Hintergrund einer drohenden Wirtschaftskrise – in Frage gestellt, obwohl die neuen Einheiten eine hohe Relevanz für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens bergen. Doch was ist es, was diese Einheiten vom Erfolg abhält? Drei wesentliche Gründe kommen in Frage: 1. eine unzureichende Zieldefinition, 2. die fehlende Klarheit der Strukturen und 3. ein Mangel an Metriken zur Erfolgsmessung.
Ziele definieren und gezielt priorisieren
Häufig sind tatsächlich der Zweck und der erwartete strategische Mehrwert der Innovationseinheit für die Kernorganisation unklar. Die Folge ist, dass unsystematisch unterschiedliche Themen bearbeitet werden, die nur wenig zur Strategie des Unternehmens passen und deshalb nach einer anfänglichen Konzept- oder Prototypenentwicklung nur schwer in das Kerngeschäft integriert werden können.
Um die bereitgestellten Kapazitäten so effektiv und effizient wie möglich zu nutzen, sollten der Leistungsauftrag und die Ausrichtung der neuen Innovationseinheiten bereits im Vorfeld klar definiert werden. Dafür werden eigene, messbare Ziele für die Einheit festgelegt und mit den Zielsystemen angrenzender Abteilungen und Bereiche abgeglichen, um die Skalierung und Kommerzialisierung radikaler Innovationen zu incentivieren (zum Beispiel Anreizsysteme für Engineering oder Vertrieb in der Kernorganisation).
Zur Priorisierung der Bereiche, in denen neue Geschäftsfelder entstehen sollen, bietet es sich an, nach einer gezielten Analyse von Trends, Regulatorik, Wettbewerb und anderen Einflussfaktoren im Unternehmensumfeld zunächst nur wenige Technologie- oder Marktsegmente auszuwählen. Innerhalb dieser Innovationsfelder gilt es anschließend, Ideen zu identifizieren und zu erproben, die bestmöglich auf die Strategie einzahlen.
Klare Strukturen, Prozesse und Zielvorgaben
Auch entscheidet in vielen Innovationseinheiten die Intuition des Managements über die Fortführung oder das Ende von Projekten. Wer erfolgreich neue Geschäftsfelder erschließen will, braucht jedoch effizientere Prozesse mit festen Kriterien und Verantwortlichkeiten. Das setzt voraus, dass für unterschiedliche Phasen der Entwicklung klare Ziele und Ergebnisse vorgegeben sind, sodass Entscheidungen selbstständig und ohne lange Freigabeprozesse innerhalb des Mutterunternehmens getroffen werden können. Als Projektmanagementansatz empfiehlt sich vor allem in der Ideenentwicklungs- und Konzeptionsphase ein agiles Vorgehen. So lassen sich Unsicherheiten und Risiken bereits in frühen Phasen des Projekts reduzieren. Darüber hinaus sollte ein besonderes Augenmerk auf den Transfer ins Mutterunternehmen gelegt werden, da daran erfahrungsgemäß viele radikale Innovationen scheitern.
Messen, messen, messen!
Letztlich gilt auch für Innovationsprojekte: »You can’t manage what you can’t measure«. Den meisten Einheiten fehlt ein geeignetes Set an Metriken, das Rückschlüsse auf den Erfolg der Einheit zulässt. Gerade, weil der Fokus separater Innovationseinheiten auf radikalen Innovationen liegt, sind lange Entwicklungszeiten und hohe Risiken nicht nur möglich, sondern zu erwarten. Die üblichen Metriken wie Return-on-Investment oder Forschungs- und Entwicklungs-Quoten sind hier unbrauchbar. Gleichzeitig gilt es, sogenannte Vanity Metrics zu vermeiden, die zwar Eindruck schinden, aber weder Orientierung bieten noch Hinweise auf die tatsächliche Leistung liefern. Dazu zählen etwa Kennzahlen wie die Anzahl angemeldeter Patente, generierter Ideen oder durchgeführter Workshops.
Geeignete Metriken beziehen sich hingegen auf konkrete Ziele und weisen die Richtung für Änderungen, so zum Beispiel die Zeit bis zum Erkenntnisgewinn in Form einer Validierung der technischen Machbarkeit oder des Geschäftsmodells. So können beispielsweise die Anzahl der Szenarien, die das geplante Geschäft bedrohen, oder die F&E-zu-Produkt-Umwandlungsrate Aufschluss über den Erfolg geben. Auf diese Weise gelingt es den Mitarbeitenden und dem Management eher, das Potenzial einer Innovation zu bewerten, ein Gefühl für ihre eigene Performanz zu erlangen und einzuschätzen, an welchen Stellen noch Anpassungen notwendig sind.
Die Ausgestaltung der richtigen Ziele, Strukturen und Erfolgsmetriken ist für jedes Unternehmen eine strategisch höchst anspruchsvolle Aufgabe. Dennoch lohnt sich der Aufwand, um langfristig von den erhofften Erfolgen zu profitieren und dabei zuverlässig auf die Unterstützung des Managements und der Belegschaft bauen zu können.