Mikrostrukturen, erzeugt durch eine hochpräzise Fertigung, können Produkteigenschaften wie Biokompatibilität, Reflexion und Haftung zuverlässig beeinflussen. Bisher scheiterte eine breite industrielle Anwendung von Mikrostrukturen jedoch an den kostspieligen Herstellungsverfahren. Gelingt es, Mikrostrukturen kostengünstiger herzustellen, werden Anwendungen in verschiedenen Industriezweigen möglich, etwa in der Energiespeicherung, der Implantatherstellung, der Optik oder der Mikrofluidik. Einsatzfelder für solche strukturierten Materialien sind beispielsweise die Kontrolle von Verformungen in Batterieschichten, schmutzabweisende oder sogar antibakterielle Oberflächen ohne zusätzliche chemische Behandlung, die Minimierung von Reibung durch den Einsatz von Riblets oder Lab-on-a-Chip-Produkte für die Point-of-Care-Diagnostik.
Im Forschungsprojekt »XS2XL« entwerfen die Forschenden eine neue Prozesskette zur Herstellung von Mikrostrukturen und bereiten diese für die industrielle Produktion vor. Ziel ist es, die großflächige Herstellung von Mikro- und Nanostrukturen so kostengünstig zu gestalten, dass auch kleine und mittlere Unternehmen sie einsetzen können. Die Kette startet mit der Herstellung einer Struktur auf einer kleinen Fläche und führt über die Vervielfältigung durch mehrere Abformungen. Am Ende steht ein großflächiger Stempel für die Massenreplikation, beispielsweise im Rolle-zu-Rolle-Verfahren.
Ein Schwerpunkt des Projekts ist die Optimierung der Zwei-Photonen-Polymerisation (2PP), des Heißprägens und der dazwischenliegenden Schnittstelle. Ziel ist es, durch neue Optiken und Prozessparameter der 2PP Flächen von bis zu 4 cm² pro Stempel zu erreichen. Um auch bei kleinen Stempelgrößen eine präzise Kontaktfläche zu erreichen, wird die Rekombinationsanlage mit einer neuen Aktorik ausgestattet, die Stempelgrößen von weniger als 0,64 cm² erlaubt.
Die Funktionalität der verbesserten Prozesskette überprüfen die Forschenden anhand von Anwendungsbeispielen aus der Medizin, Fluidmechanik und Optik. Zentrale Aufgabe innerhalb des Projekts ist auch die Betrachtung verschiedener Mikrostrukturen mit Höhen von 2 bis 150 µm und unterschiedlichen Kantengeometrien: konstante Steigungen, Rundungen oder scharfe Kanten.
Als Ergebnis entsteht ein Katalog von Strukturen, der die Eignung der Prozesskette, die mögliche Größe des Endprodukts und die Kosten für die kategorisierten Mikro- und Nanostrukturen beschreibt. Diese Systematik erlaubt es, die gewünschte Geometrie bei Eintreffen einer Kundenanfrage schnell einschätzen zu können. Auf dieser Basis können Unternehmen ein transparentes Angebot erstellen, das ihren Kunden Aufwände für Machbarkeitsstudien erspart.
Das Projekt »XS2XL« wird durch das Fraunhofer-interne Programm »SME« gefördert.