Implantate werden heute meistens aus Stahl oder Titan gefertigt. Besonders Titan gilt Medizintechnik als gut verträglicher Werkstoff, bisher sind kaum Allergien darauf nachgewiesen. Doch auch Titan bringt einige Nachteile mit sich: Zum einen weist eine wachsende Anzahl von Patienten bei konventionellen Titanimplantaten eine Metallsensitivität auf. Darüber hinaus lassen sich die Implantate nur in einer aufwändigen Operation wieder entfernen.
Um belastende Folgeoperationen zu vermeiden, arbeiten Wissenschaftler seit einigen Jahren an der Entwicklung biologisch resorbierbarer Implantate. Diese können bei entsprechender Gewebebildung vom Körper abgebaut werden und bieten dem Patienten eine temporäre Unterstützung – die anschließende Operation entfällt. Als vielversprechend gilt zum Beispiel Magnesium, eine biologisch resorbierbare Legierung, die für kardiovaskuläre und orthopädische Anwendungen eingesetzt werden kann.
Derzeit kommen resorbierbare Implantate vor allem als Schrauben und Stifte für die Fixierung von Knochen und Gewebe zum Einsatz. Doch auch größere und komplexere Anwendungen sind möglich. Stellt man resorbierbare Magnesiumimplantate etwa mittels Additiver Fertigung her, kann man schnell und individuell selbst komplex geformte Implantate herstellen, die man nicht wieder entfernen muss.
Das Ziel des Verbundprojektes AdPro war die Auslegung und Entwicklung einer Fertigungsprozesskette für biologisch resorbierbare Implantate aus Magnesium am Beispiel eines Schädelimplantats. Die Prozesskette besteht aus der additiven Fertigung des Implantats mittels Binder Jetting sowie der anschließenden Nachbearbeitung mittels Fräsen. Ein Forscherteam des Fraunhofer IPT legte dazu die Prozesse für die Fräs-Nachbearbeitung der additiv gefertigten Magnesiumimplantate aus. Ein besonderes Augenmerk des Teams lag auf den notwendigen Spann- und Referenzierungsstrategien.
Für die additive Fertigung der Schädelimplantate wird im ersten Schritt eine Binder-Jetting-Anlage für den schichtweisen Aufbau des Werkstücks konstruiert und gebaut. Auf der Anlage wird im nächsten Schritt das Magnesiumpulver qualifiziert sowie der dazu notwendige Binder entwickelt. Nach erfolgreichem additiven Aufbau des Bauteils wird schließlich der Sinterprozess für die Schädelimplantate ausgelegt.
Für die automatisierte Nachbearbeitung mittels Fräsen plante das Forscherteam die automatisierte und adaptive Werkzeugbahn und legte den Fräsprozess für die Bearbeitung der Magnesiumimplantate aus. Für die Werkzeugbahnplanung implementierten sie ein CAM-Plug-in, das die Werkzeugbahn automatisch und unabhängig von der Geometrie des Implantats plante. Für die Fräsbearbeitung der Magnesiumimplantate lagen sie grundsätzlich die Werkzeuge und Prozesse aus und entwickelten ein spezielles Spann- und Referenzierungssystem. Abschließend führten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die erzielten Ergebnisse zusammen, um die entwickelte Fertigungsprozesskette ganzheitlich zu demonstrieren.
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR)
Dieses Vorhaben wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.