Die Automobilindustrie setzt heute oft auf Leichtbauteile aus hochfesten Stahlblechen, um bei ihren Produkten Gewicht und Ressourcen einzusparen. Durch die neuen Materialien kommen herkömmliche Schneid- und Umformprozesse an ihre Grenzen. Das verkürzt nicht nur die Standzeiten der Werkzeuge, sondern beeinträchtigt auch die Bauteilqualität durch Materialschäden an Biegeradien. Ein integriertes Lasersystem im Werkzeug kann das Blechmaterial vorübergehend entfestigen und die Bearbeitung erleichtern. Zu diesem Zweck entwickelt das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT aus Aachen nun gemeinsam mit der Franz Pauli GmbH & Co. KG aus Ense und Monocrom S.L. aus Barcelona im Forschungsprojekt »CaliBend« ein kompaktes und kostengünstiges Lasermodul für das lasergestützte Biegen.
Vor allem kleine und mittlere Unternehmen in der blechbearbeitenden Industrie können von dem neuen Lasermodul profitieren: So soll sich beispielsweise der Mindestbiegeradius bei geraden Biegungen an hochfesten Blechen halbieren. Außerdem lässt sich die Biegegenauigkeit gegenüber dem konventionellen Verfahren ohne Laserunterstützung durch die gezielte Einflussnahme auf die Rückfederung des Bauteils erhöhen. Für geringe Investitionskosten können die Blechbearbeiter neue Prozessschritte in ihre bestehenden Prozessketten einbinden und ihre Bearbeitungsgrenzen auch bei Stählen mit hohen Materialfestigkeiten erweitern.
In aktuellen Projekten setzt das Fraunhofer IPT mit dem hy-PRESS-System ein hochflexibles Lasermodul für die Blechbearbeitung ein, das durch eine 2D-Bestrahlung des Werkstücks sehr flexible Erwärmungsgeometrien ermöglicht. Die Lasersystemtechnik mit Laserscanner, Schwingungsentkopplung und externer Laserquelle lässt sich besonders für komplexe Bearbeitungsgeometrien wirtschaftlich einsetzen.
Bei der geraden Biegung von hochfesten Werkstoffen kann die notwendige Systemtechnik hingegen deutlich reduziert werden. Die Partner entwickeln im Projekt »CaliBend« eine kostengünstige Integrationslösung für kleine und mittlere Unternehmen. Durch den Einsatz von Diodenlaserbarren zur Erwärmung des Werkstoffs wird das Lasermodul nun kompakter konstruiert und vollständig in das Werkzeug integriert. Der Diodenlaser benötigt daher lediglich eine externe Strom- und Kühlwasserzufuhr.
Seine langjährige Erfahrung in der Werkzeugintegration von Lasersystemen und der Auslegung entsprechender Prozessketten bringt das Fraunhofer IPT, das die Forschungsaktivitäten koordiniert, in das Projekt ein. Vor allem unterstützen die Forscher das Projekt durch die Entwicklung des Verfahrens. In einer thermischen Simulation untersuchen sie die Lasererwärmung und den Biegeprozess, um geeignete Parameter wie die Liniengeometrie und Leistung für die Auslegung des Systems zu definieren.
Der Lasersystemanbieter Monocrom verwendet für das Erwärmungsmodul eigens entwickelte Laserdioden-Stacks. Diese 25 Millimeter breiten Stacks bestehen aus gestapelten Diodenlaserbarren und können in Reihung beliebige Bestrahlungsbreiten realisieren. Die Bestrahlung der kritischen Bearbeitungsstellen des Blechs erfolgt nicht zweidimensional, sondern in einer Linie mit definierter Breite und Länge. Mit einer variablen Anzahl an Dioden-Stacks und ihrer separaten Ansteuerung kann das Modul an den jeweiligen Anwendungsfall flexibel angepasst werden.
Für den Einsatz des lasergestützten Biegeverfahrens konstruiert die Franz Pauli GmbH ein geeignetes Versuchswerkzeug, in dem das Lasermodul integriert wird. Hiermit können die Projektpartner Demonstrator-Blechbauteile fertigen und diese abschließend bewerten. Durch die langjährige Erfahrung in der Blechbearbeitung kennt der industrielle Endanwender Franz Pauli die technisch-wirtschaftlichen Anforderungen genau.