Der Aachener Forschungscampus DPP bietet seinen Partnern aus Wissenschaft und Industrie einen Ort für die gemeinsame, interdisziplinäre Forschung. Im Zentrum der gegenwärtig siebzehn Forschungsprojekte, sogenannte Sprints, stehen die Nutzung von Licht als Werkzeug für die industrielle Produktion und die Digitalisierung der Prozessketten. Die Vision: Die Herstellung nahezu beliebiger Bauteile aus digitalen Daten mittels Laserstrahlung ‒ eben Digital Photonic Production. Mit diesem Ziel im Blick, erarbeiten die Partner Lösungen für die gesamte Fertigungskette. Und da alle Aktivitäten buchstäblich unter einem Dach stattfinden, entstehen im DPP binnen kurzer Zeit industrietaugliche Ergebnisse.
Das Fraunhofer IPT bearbeitet derzeit vier der siebzehn Forschungsprojekte.
Strukturierte Folien werden heutzutage in sogenannten Rolle-zu-Rolle-Verfahren hergestellt. Dabei wird die gewünschte Struktur über eine Negativrolle in ein endlos-Kunststoffband geprägt. Die Negativrolle wird während des Prozesses üblicherweise mithilfe kontinuierlicher, großflächiger Wärmequellen erwärmt. Die häufig verwendeten Infrarotstrahler haben jedoch einige Nachteile. Zum einen ist die Energieeffizienz sehr niedrig, weil die Energie in einem weiten Spektralbereich emittiert. Zu anderen ist die zeitliche und räumliche Auflösung träge und nicht punktuell regelbar.
Mit Vertical Cavity Surface Emitting Laser (VCSEL)-Strahlquellen lässt sich Prozesswärme räumlich und zeitlich präzise einbringen und nach Bedarf regeln. VCSEL sind kleine Laser, die in Arrays zusammengebaut sind und damit, wie die Pixel eines Bildschirms, einzeln angesteuert werden können. Die kleinen Laser sind durch das schmale Wellenlängenspektrum sehr energieeffizient und die Anordnung als Array ermöglicht eine räumlich und zeitlich individualisierte Erwärmung.
Ziel des Teilprojekts ist es, mit VCSEL-Lasern als Wärmequelle in kontinuierlichen Rolle-zu-Rolle-Prozessen einzusetzen, um die Bandbreite der zu verarbeitenden Materialien und abformbaren Geometrien deutlich zu erweitern.
Die zerstörungsfreie, berührungslose Qualitätskontrolle von laserstrukturierten Bauteilen stellt besonders bei kleinen Strukturgrößen eine große Herausforderung dar. Gängige Verfahren zur Oberflächencharakterisierung erfordern entweder lange Messzeiten (z.B. bei punktmessenden Verfahren oder taktilen Messungen), oder die Auflösung ist nicht ausreichend, um kleine Strukturänderungen sowohl in lateraler Richtung als auch in axialer Richtung zu erkennen.
Die Optische Kohärenztomographie (OCT) als zerstörungsfreie, Interferometrie-basierte Messmethode vereint eine schnelle Datenakquisition mit einer hohen räumlichen Auflösung. Allerdings gibt es auch hier noch Optimierungspotenzial.
Das Teilprojekts hat zum Ziel, die Auflösung der OCT zu optimieren. Durch eine Auflösungsoptimierung innerhalb der sogenannten ultrahochauflösenden OCT (UHR-OCT, ultrahigh-resolution OCT) verbessert sich die Darstellung von strukturierten Bauteilen mit Strukturgrößen ab ca. 1µm.
Beim Laserstrahlstrukturieren werden die zu erzeugenden Strukturen üblicherweise als Graustufenbilder im CAM-System eingelesen. Dabei entstehen große Datenmengen, da hochaufgelöste Bilder notwendig sind, um eine saubere Bearbeitung zu ermöglichen. Darüber hinaus werden die Strukturen, wenn sie auf dreidimensionale Objekte übertragen werden, immer verzerrt dargestellt und müssen aufwändig bearbeitet werden.
Im Gegensatz dazu wird bei der analytischen Beschreibung die Oberflächenstruktur als Formel dargestellt. Dabei hängt die Größe der Datenmenge nicht direkt von der Auflösung, sondern nur von der Größe der mathematischen Formel und der Anzahl der Variablen der zu beschreibenden Struktur ab. Das Verfahren erlaubt ein auflösungsunabhängiges, verzerrungsfreies Modell der Strukturen und ermöglicht die Berechnung der Bearbeitungsdaten annähernd in Echtzeit.
Das Sprintteam 14 erforscht die Umsetzung der analytischen Beschreibungsmodelle in sogenannte prozedurale Strukturen für das Laserstrahlstrukturieren. Damit die Fertigungsanlagen diese prozeduralen Strukturen verarbeiten können, sind kleine Programme notwendig. Diese sogenannten Echtzeit-Services benötigen ein technisches Umfeld zur Überwachung und Steuerung der Laserstrukturierungsprozesse. Dank der Kommunikationstechnologien auf dem Aachener RWTH-Campus können diese Echtzeit-Services auf einem Hochleistungs-Cloud-Rechner ausgeführt werden und durch 5G-Infrastruktur kabellos an die Fertigungsanlage gesendet werden.
Ziel des Teilprojekts ist es, mit prozeduralen Strukturen den Laserstrahlstrukturierprozess effizienter zu gestalten und die notwendige Infrastruktur zu demonstrieren.
Additive Fertigung bietet den Vorteil, dass man während des Aufbaus bereits Sensorik einbauen kann. Eine solche Möglichkeit sind haarfeine, bewegliche faseroptische Sensoren, die auf Basis von Interferometrie selbst feinste Längenänderungen im Bauteil ermitteln. Mit dieser Methode lassen sich Bauteilteiltemperatur, Dehnungen und Spannungen messen.
Das Sprintteam 18 entwickelt eine Fertigungsstrategie für den Laser Powder Bed Fusion (LPBF) Prozess, um die Fasersensoren bei der Bauteilherstellung direkt zu integrieren. Dazu identifizieren sie geeignete Faserarten, Bearbeitungsstrategien und Geometrieelemente zur Positionierung der Fasern im Bauteil. Anschließend validieren die Forscherinnen und Forscher den Fertigungserfolg durch Vermessung der Fasern im unbelasteten und belasteten realen Einsatz.
Ziel des Teilprojekts ist es, mittels Sensorik ein Langzeit-Monitoring von Bauteilen zu entwickeln. Integriert in Bauteile können die Sensoren live die statische oder dynamische Belastung ermitteln, um Risse und lokale Beanspruchungen anzuzeigen.
Das Verbundprojekt »DPP-Open – Forschungscampus Digital Photonic Production Open-Know-how-Pool« wird mit Mitteln des BMBF gemäß der Hightech-Strategie der Bundesregierung gefördert.
Förderprogramm: Forschungscampus − öffentlich-private Partnerschaft für Innovationen
Projektträger: Projektträger Jülich (PTJ)
Förderkennzeichen: 13N15424
Förderphase 1: 10/2014 – 9/2019
Förderphase 2: 4/2020 – 3/2025
Weitere Informationen zum Forschungscampus Digital Photonic Production: https://forschungscampus-dpp.de/
Jahr Year | Titel/Autor:in Title/Author | Publikationstyp Publication Type |
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2023 | Microservice-basierte Laserstrukturierung Mescheder, Holger; Sankal, Talib |
Zeitschriftenaufsatz Journal Article |
2022 | Evaluation of productivity scaling approaches for laser powder bed fusion of nickel-base alloy 625 Lantzsch, Tim; Heußen, Daniel; Praetzsch, Niklas; Haefner, Constantin |
Konferenzbeitrag Conference Paper |