Bei der Fräsbearbeitung führen Bauteilschwingungen während des Prozesses häufig zu einem hohen Werkzeugverschleiß und gleichzeitig zu kostspieligen Schäden an der Werkstückoberfläche. Besonders enge Fertigungstoleranzen, wie etwa bei dünnwandigen Komponenten für den Turbomaschinenbau, können aufgrund solcher Bauteilschwingungen oft nicht mehr eingehalten werden.
Da sich durch den Materialabtrag, die Werkzeugposition und verschiedene weitere Einflüsse die Steifigkeit und Masse des Werkstücks während des Fräsprozesses kontinuierlich verändern, variiert auch die Dynamik beim Fräsen: Das kann zu hohen lokalen Schwingungsamplituden führen. Solche starken Schwingungen sind dann die Ursache für eine schnellere Abnutzung des Werkzeugs und Oberflächenschäden am Bauteil. Aufwändige Arbeiten zur Nachbearbeitung des Bauteils treiben dann schnell die Fertigungskosten in die Höhe.
Um stabile Prozessparameter zu ermitteln, sind zurzeit zeitaufwändige Trial-and-Error-Verfahren in der Produktion erforderlich. Besser wäre es jedoch, die Fräsdynamik bereits während der Prozessgestaltung vorhersagen zu können und Instabilitäten beim 5-Achs-Fräsen zu vermeiden. Eine Lösung wäre es, die optimale Spindeldrehzahl vor der Fräsbearbeitung zu identifizieren und einzustellen und während des Prozesses, wo es notwendig ist, aktiv zu regeln.
Ziel im Forschungsprojekt »dynaTWIN« ist es, ein datengetriebenes Simulationsmodul zu entwickeln, in dem die veränderlichen dynamischen Eigenschaften des Fertigungssystems berücksichtigt werden, sodass ein hochproduktiver Fräsprozess für Triebwerksbauteile ermöglicht wird. Das CAx-Modul simuliert die Dynamik des gekoppelten Systems, bestehend aus Werkzeug, Werkstück und Aufspannung, und berücksichtigt dabei auch den Materialabtrag. Sensordaten werden während der Fräsbearbeitung erfasst und verarbeitet, sodass schließlich alle dynamischen Daten auf Basis eines digitalen Zwillings gesammelt und visualisiert werden können.
Das dynamische Prozessmodell optimiert sich mithilfe der gesammelten und aufbereiteten Vibrationsdaten selbst durch kontinuierliche Anpassung. Mit dem neuen Vorgehen sollen deutliche Verbesserungen des Fräsprozesses erreicht werden:
Das Fraunhofer IPT wird im Projekt »dynaTWIN« gemeinsam mit den Projektpartnern im ersten Schritt Bauteilschwingungen mithilfe von Materialabtrags-, Kraftsimulation und FE-Modalanalysen simulieren.
Im nächsten Projektabschnitt werden anhand verschiedener Sensoren während des Fräsprozesses reale Schwingungsdaten erfasst. Die aufbereiteten Daten werden zu einem Digitalen Zwilling verarbeitet, der die tatsächliche Fräsdynamik abbildet. Anschließend wird die Fräsdynamik mithilfe digitaler Modelle simuliert, um Abweichungen zwischen den realen und den vorhergesagten Schwingungen zu identifizieren.
Im letzten Schritt werden in einer praktischen Versuchsreihe die Spindeldrehzahlen überall dort angepasst, wo es Abweichungen zwischen gemessenen und simulierten Schwingungen gibt, die durch schwankende äußere Einflüsse verursacht werden. Dazu zählen zum Beispiel unterschiedliche Materialchargen, Fertigungstoleranzen des Werkzeugs, Auskraglänge des Werkzeugs oder Profilabweichung des Bauteils.
Das Forschungsprojekt »dynaTWIN« wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms Eurostars (Eureka) gefördert.
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR)