Hybrid- und Multi-Material-Bauteile kommen in zahlreichen Anwendungen des Alltags zum Einsatz: Sie finden sich in Haushaltsartikeln, Dekorelementen, elektronischen Bauteilen und in Komponenten für die Automobilindustrie. Besonders im und am Automobil werden oft hybride Bauteile aus Metall und Kunststoff verwendet. Sie dienen zum Beispiel als Verbindungselemente, zum Beispiel bei Kinematikhebeln im Automobilsitz.
In der konventionellen Fertigung vereinen Betriebe Blech- und Kunststoffkomponenten im sogenannten Insert-Spritzguss, indem sie Bleche vollständig mit Kunststoff umspritzen. Beim sogenannten Outsert-Spritzguss ist das metallische Bauteil größer als der Kunststoffteil. Der Kunststoff wird lediglich aufgespritzt und bedeckt einen Teil der Metallfläche. Beide Verfahren bringen einen hohen energetischen Aufwand mit sich: Die Einlegeteile müssen disponiert und gereinigt werden. Zusätzlich wird der Kunststoff erhitzt und nach dem Formungsprozess schnell wieder abgekühlt.
Der größte Teil der blechverarbeitenden kleinen und mittleren Unternehmen verfügt nicht über einen hauseigenen Maschinenpark, um Blechbauteile in ein Hybridbauteil zu überführen. In aktuellen Produktionsszenarien bringt der Stanzbetrieb die schweren Blecheinlegeteile zum Kunststoffspritzgießer. So verursacht nicht nur die Fertigung umwelt- und klimaschädliche Emissionen, sondern zusätzlich auch der Transport.
Im Projekt »EcoHybridPro« entwickelt das Fraunhofer IPT einen schnell getakteten, energieeffizienten Produktionsprozess, der es der blechverarbeitenden Industrie ermöglicht Energieverbrauch und CO2- Ausstoß zu verringern und gleichzeitig Kosten zu sparen.
Ziel des Forschungsprojekts ist eine neue Fertigungsprozesskette: Durch Stanzen, Biegen oder Prägen werden zunächst Hinterschnitte auf dem Blech erzeugt. Anschließend lässt sich das Blechbauteil induktiv erwärmen kann mit der Kunststoffkomponente zusammengefügt werden. An der Fügestelle schmilzt der Kunststoff lokal auf und fließt in die Hinterschnitte des Blechs, wo er schließlich erstarrt. Die Fertigungsprozesskette zur Herstellung der blechbasierten Hybridbauteilen kann direkt im Folgeverbundwerkzeug beim blechverarbeitenden Betrieb stattfinden, und es entfällt der Transport zum Spritzgießer.
Projektbegleitend analysiert das Forschungsteam die CO2-Emissionen der einzelnen Prozess- und Entwicklungsschritte mit dem Ziel einer größtmöglichen Reduktion. Gleichzeitig kann so die Übertragbarkeit der Erkenntnisse auf vergleichbare Prozesse sichergestellt werden. Die Richtlinien für die Bauteilgestaltung und den Fertigungsprozess sowie das Gerüst des Life-Cycle-Assessments, die sich aus den Projektergebnissen ableiten lassen, sind auch auf weitere Bauteile übertragbar und dienen der Technologiemultiplikation.
Die bedeutsamste Entwicklung innerhalb des Projekts besteht aus flexibel einsetzbaren Modulen, die sich in konventionelle Folgeverbundwerkzeuge integrieren lassen. Im Werkzeug sind dafür sogenannte Leerstufen vorzusehen. Ein Induktionsmodul erwärmt die Fügestellen des Bauteils lokal.
Mit dem Fügemodul für Kunststoffkomponenten, etwa für Aufsteckteile wie Halterungen oder Versteifungen, lässt sich die Kraftverteilung auf das Bauteil und dessen Positionierung genau bestimmen. Die automatisierte Zuführung in das Werkzeug entwickelt der französische Projektpartner Pronic SAS. Nachgelagert erfolgt eine werkzeugintegrierte Qualitätssicherung des Hybridbauteils anhand von Kamerabildern.
Dem Fraunhofer IPT obliegt die Entwicklung der Vorbehandlungsschritte für das Blech: von der konventionellen Blechbearbeitung über die induktive Erwärmung des Fügebereichs bis hin zur Entwicklung des Fügemoduls für Onsert-Elemente wie Halterungen und Clips.
Die Integration der einzelnen Prozessschritte in das modular aufgebaute Werkzeug versetzt blechverarbeitende Betriebe in die Lage, eigenständig ohne weitere Transportwege Hybridbauteile herzustellen.
Ziel des Projekts ist es, den gesamten Energiebedarf zu senken und die CO2-Emissionen entlang der Prozesskette um bis zu drei Vierteln im Vergleich zur konventionellen Prozesskette zu reduzieren. Durch die kürzeren Zykluszeiten lässt sich die Produktionsmenge kostengünstiger hybrider Leichtbauteilen sogar verdreifachen.
Projektkoordinator
Brose Fahrzeugteile SE & Co. KG, Bamberg
Projektpartner
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Förderkennzeichen: 01LY2013B