Längere Werkzeugstandzeiten bei der Fertigung von Kunststoffprofilen, beispielsweise für Fenster, Rollläden oder Dichtungen, sind das Ziel des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT und seiner sieben Industriepartner im Verbundprojekt »Generative Fertigung von Extrusionswerkzeugen aus Hartmetall – GENIAL«. Das Projektkonsortium stellt durch generative Fertigungsverfahren wie Lasersintern, LaserCUSING und 3D-Drucken Hartmetallwerkzeuge für die Kunststoffverarbeitung her. Ziel ist es, mit diesen Werkzeugen komplexe Kunststoffprodukte auch aus partikel- oder faserverstärkten Polymeren kostengünstig zu extrudieren.
Ausgangssituation und Bedarf der Industrie
Die Kunststoff verarbeitende Industrie in Deutschland setzte im Jahr 2005 Waren im Wert von 44,8 Mrd. Euro um. Mehr als die Hälfte des Umsatzes (27,55 Mrd. Euro) wurde dabei mit Extrusionsprodukten erzielt. Hierzu zählen Dichtungsprofile für den Automobilbau, Voll- und Hohlprofile sowie Ummantelungen für das Baugewerbe sowie Platten und Folien für die Weiterverarbeitung durch Thermoformen in der Verpackungsindustrie.
Bei der Herstellung von Extrusionsprodukten entstehen hohe Verluste durch Produktionsausfälle, die auf Werkzeugwechsel- und Rüstzeiten als Folge unzureichender Standzeiten zurückzuführen sind. Um den steigenden Anforderungen an die Werkzeugsysteme nachzukommen, werden die eingesetzten Werkzeuge derzeit in ihrem Arbeitsbereich beschichtet. Üblicherweise kommen dabei Dünnschichttechnologien (CVD, PVD) oder galvanische Beschichtungen zum Einsatz. Mit Beschichtungen lassen sich zwar die Standzeiten bei gutem Druckaufbau auf die polymere Schmelze verlängern und die geforderten mechanischen und rheologischen Eigenschaften erzielen, doch im Vergleich mit den Herstellungskosten der Werkzeuge in vielen Fällen noch nicht in ausreichendem Maße.
Einen technologischen Nachteil dieses Lösungsansatzes stellen zudem die eingeschränkten Möglichkeiten der Verfahren zur Beschichtung der geometrisch komplexen Werkzeuginnenkonturen dar. Darüber hinaus kann die Beschichtung erst nach dem Einfahren der Werkzeuge und der dabei notwendigen Geometrieanpassungen erfolgen. Hieraus resultiert ein zusätzlicher Rüstaufwand. Ferner können im Hinblick auf das Einsatzverhalten der Werkzeuge sowie die Qualität der hergestellten Extrusionsprodukte bereits lokale Beschädigungen des Schichtsystems infolge einer raschen Defektfortpflanzung zu einem Totalausfall des Werkzeugs führen.
Der Ansatz zur Standzeitverlängerung der Werkzeuge im Verbundprojekt »GENIAL« ist der Einsatz von Werkzeugen, die generativ aus Hartmetall gefertigt werden. Neben der Vermeidung der zuvor genannten Defizite werden im Vergleich zu beschichteten Werkzeugen weitere Standzeitverlängerungen von 50 bis 70 Prozent erwartet.
Die Technik
Das Prinzip des Lasersinterns basiert auf einer lokalen Verdichtung (Verschmelzung, Sintern) pulverförmiger Werkstoffe als Folge der Ab- sorption von Laserstrahlung. Der Ausgangswerkstoff wird dazu mit einem Wischsystem schichtweise auf eine Bauplatte aufgebracht. Ein Laserstrahl, den eine Scannereinheit über die Pulverschicht lenkt, verdichtet definierte Bereiche. Durch zyklische Wiederholung von Pulverauftrag, Verdichtung und Absenken der Bauplatte entsteht eine dreidimensionale Geometrie.
Beim 3D-Drucken wird ein pulverförmiger Ausgangswerkstoff mittels eines flüssigen Bindemittels lokal gebunden. Der Auftrag des Bindemittels erfolgt über einen Düsenkopf, der von einer in XY-Richtung verfahrbaren Einheit positioniert wird. Das Bindemittel verbindet nicht nur die Pulverpartikel einer Schicht, sondern auch die jeweils aktuelle mit der zuvor generierten Schicht. Analog zum Lasersintern entsteht auf diese Weise Schicht für Schicht eine dreidimensionale Geometrie. Die Basis für den Bauprozess liefern 3D-CAD-Datensätze, die zuvor von einer Recheneinheit in Schichten unterteilt wurden. Nach dem Druck des Werkstücks wird es in einem thermischen Prozess entbindet und verdichtet.
Im Verbundprojekt »GENIAL« qualifizieren die Partner in einem iterativen Austausch zwischen Werkstoffmodifikation, Prozessentwicklung und Einsatz der Werkzeuge die generativen Fertigungsverfahren Lasersintern, LaserCUSING und 3D-Drucken für die Herstellung von Extrusionswerkzeugen aus Hartmetall (Wolframkarbid-Kobalt).
Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Rahmenkonzepts »Forschung für die Produktion von morgen« unter dem Förderkennzeichen 02PU2220 gefördert und vom Projektträger Forschungszentrum Karlsruhe (PTKA), Bereich Produktion und Fertigungstechnologien (PFT), betreut.
Projektlaufzeit
1.2.2007 bis 31.7.2009
Projektträger
Forschungszentrum Karlsruhe GmbH
Projektträger Forschungszentrum Karlsruhe (PTKA)
Mischa Leistner
Außenstelle Dresden
Hallwachsstraße 3
01069 Dresden
www.fzk.de/ptka
Projektkoordination
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT
Thorsten Gläser
Steinbachstraße 17
52074 Aachen
Verbundpartner
aiXtrusion GmbH
Dr.-Ing. Marcus Schlüter
Pirolweg 21
52076 Aachen
www.aixtrusion.de
Saar-Hartmetall und Werkzeuge GmbH
Dr.-Ing. Dieter Jung
Matthias-Nickels-Straße 17A
66346 Püttlingen
www.saar-hartmetall.de
Concept Laser GmbH
Frank Herzog
An der Zeil 8
96215 Lichtenfels
www.concept-laser.de
Kunex GmbH
Raik Döhler
Beyerstraße 21
09113 Chemnitz
www.kunex.de
REHAU AG + Co
Klaus Mosis
Zehstraße 5
95111 Rehau
www.rehau.de
ttp GmbH – technische Teile und Profile
Hinrich Leemhuis
Am Deverhafen 4
26871 Papenburg
www.ttp-online.de