Europaweit leiden rund zehn Millionen Menschen an einer schweren Herzschwäche. Viele der Patientinnen und Patienten sind auf ein Spenderherz angewiesen, doch geeignete Organe sind selten. Alternativen wie Kunstherzen (TAH – Total Artificial Heart) und Herzunterstützungssysteme (VAD – Ventricular Assist Devices) haben sich als lebensrettende Technologien etabliert; die Überlebensrate liegt bei fast 70 Prozent. Allerdings verursachen Komorbiditäten und die unzureichende Biokompatibilität der Materialien mitunter lebensbedrohliche Komplikationen wie Blutungen, Infektionen oder Schlaganfälle. Durch die Steigerung der Biokompatibilität der Systeme werden die Risiken einer Abstoßung durch Immunreaktionen deutlich gesenkt und die kostspieligen medikamentösen Behandlungen überflüssig. Dies verbessert die Lebensperspektive von bis zu 14 000 schwerstkranken Herzpatienten pro Jahr.
Das interdisziplinäre Forschungsprojekt »Heart 2.0« hat zum Ziel, solche Komplikationen durch die Entwicklung eines sogenannten »aktiven Grenzflächensystems« zu minimieren, das auf der Innenseite der TAHs und VADs eingebracht wird. Dazu werden innovative Konzepte aus Molekulartechnik, Bio- und Nanotechnologie, Oberflächentechnik und Fluiddynamik kombiniert.
Das aktive Grenzflächensystem, das im Forschungsprojekt »Heart 2.0« entwickelt wird, besteht aus drei hierarchischen Stufen: Die erste Stufe ist eine physikalische Barriere gegen Proteinverschmutzungen und bakterielle Adhäsionen. Die zweite Stufe dient dazu die Gerinnselbildung so weit wie möglich zu verhindern. Sollte sich dennoch ein Gerinnsel bilden, sorgt die dritte Stufe für dessen beschleunigte Ausschleusung aus dem Kunstherzen oder dem Unterstützungssystem.
Das Fraunhofer IPT entwickelt, optimiert und produziert, als Partner des Werkzeugmaschinenlabors WZL der RWTH Aachen, thrombophobe Oberflächen zur Verhinderung von Gerinnseln. Dazu werden mittels Laserbearbeitung periodische Mikro- und Nanostrukturen in die Titan-Oberflächen des Grenzflächensystems eingebracht. Diese Oberflächenstrukturen verringern das Anhaften von Partikeln aus dem Blut, reduzieren also die Blutgerinnung. Darüber hinaus werden bioaktive Proteinketten auf die Oberflächen aufgetragen, die zusätzlich Thromben auflösen können und so die Gefahr von Blutgerinnsel weiter verringern.
Anhand von fluoreszierend markierten Thromben prüft das Forschungsteam in einer Miniflow-Kammer die Funktion der Oberflächenstrukturen und Proteinketten. Im weiteren Projektverlauf folgen zusätzlich In-vitro- und später auch In-vivo-Versuche.
1.1.2022 – 31.12.2024