Die Bewertung von Tumoren während einer Operation ist komplex, teuer und zeitaufwändig. Die herkömmliche Methode, bei der Gewebeproben während der Operation entnommen und sofort manuell von Spezialisten untersucht werden, führt zu längeren Wartezeiten und höheren Kosten. Besonders bei Krebserkrankungen wie Darm-, Leber-, Brust- oder Prostatakrebs kostet dies Patientinnen und Patienten wertvolle Zeit.
Die Untersuchung einer entnommenen Probe dauert etwa 20 bis 40 Minuten. Diese langen Wartezeiten während der Operation führen unter Narkose zu zusätzlichen Belastungen. Das Zentrum für Krebsregisterdaten des Robert-Koch-Instituts schätzte im Jahr 2020 rund 500.000 neue Krebspatienten. Von einer jährlich ähnlichen Zahl ausgehend, könnten diese Wartezeiten in deutschen Krankenhäusern geschätzte 200 Millionen Euro pro Jahr kosten. Ziel des Fraunhofer IPT ist es deshalb, eine schnellere Methode zu entwickeln, die die Zeit für die Gewebeuntersuchung während einer Operation deutlich verkürzt, das Personal entlastet und patientenfreundlicher ist.
Im Projekt »Künstliche Intelligenz in der medizinischen Bildgebung (KI4Med)« entwickeln Fraunhofer IPT und Fraunhofer Austria gemeinsam ein Verfahren auf Basis der Optischen Kohärenztomographie (OCT), mit dem sich die Dauer einer Gewebeentnahme durch die Automatisierung der Bildanalyse auf wenige Sekunden reduzieren lässt. Tumore sollen so schneller, objektiver und präziser als bisher erkannt werden. Spezialisiertes Personal muss für die Auswertung nicht mehr vor Ort sein, und die damit verbundene Subjektivität bei der Ergebnisbeurteilung entfällt.
Die Kooperation zwischen dem Fraunhofer IPT in Deutschland und der Fraunhofer Austria Research GmbH in Österreich setzt auf früheren Arbeiten auf, in denen OCT-Ergebnisse erfolgreich automatisch interpretiert wurden. Die Optische Kohärenztomografie bietet großes Potenzial für die nicht-invasive Bildgebung in der Medizin und zur zerstörungsfreien Prüfung.
Als Ergebnis des Projekts entwickeln die beiden Fraunhofer-Partner Algorithmen, die auf Basis von OCT-Daten zwischen gesundem und krankhaft verändertem Gewebe genau unterscheiden. Diese Algorithmen sollen sich durch eine hohe Sensitivität und Spezifität auszeichnen, um zukünftig verschiedene Krankheitsbilder zu erkennen.
Ein weiteres Ziel werden Algorithmen sein, die synthetische OCT-Daten auf der Basis vorhandener Daten generieren, um die Menge der Trainingsdaten für die KI zu erweitern. Dabei wird erstmals die OCT-Datensynthese für komplexe Schichtstrukturen und -modelle integriert. Auf diese Weise gelingt es, verschiedene Gewebetypen zu simulieren und damit realitätsnahe Datensätze zu erhalten.
Die Synthese der OCT-Bilder schafft eine nahezu unendliche Datenbasis. Auf ihrer Grundlage können datengetriebene Ansätze der künstlichen Intelligenz und im Bereich Big Data auch bei einem Mangel an realen Proben verfolgt werden. Exemplarische Gewebeproben sind bei begrenzten Fallzahlen und dem damit verbundenen begrenzten Pool an Aufnahmen, wie sie in der Medizin üblich sind, unverzichtbar.
Das Forschungsprojekt »KI4Med« wird durch das fraunhofer-interne Förderprogramm »PACT« gefördert.