Die additive Fertigung (engl. Additive Manufacturing) wird immer attraktiver für die Herstellung verschiedenster Bauteile, besonders für die Einzel- und Kleinserienfertigung individualisierter und geometrisch komplexer Produkte. Additive Fertigungsverfahren sind in vielen Fällen deutlich effizienter und ressourcenschonender als konventionelle, subtraktive Verfahren. Darüber hinaus sind sie aus Sicht der Produktionsplanung flexibler und bieten einen viel größeren Spielraum für das Bauteildesign, beispielsweise bei Hohl- und Leichtbaustrukturen.
Den Vorteilen der additiven Fertigung steht gegenüber, dass die Prozesse oft nicht stabil laufen: Es treten Schwankungen im Prozess auf, die sich negativ auf die Produktqualität auswirken. Ein weiterer Nachteil ist, dass die Prozess- und Bahnplanung mangels digitaler Tools aufwändig manuell durch die Maschinenbediener durchgeführt werden muss.
Damit additive Manufacturing zu einer echten Alternative gegenüber konventionellen Verfahren werden kann, bedarf es kürzerer Prozessplanungsphasen und einer gleichbleibend hohen Produktqualität. Eine digitale Bahnplanung für additive Fertigungsverfahren, die Prozessschwankungen automatisiert berücksichtigt und kompensiert, könnte anhand umfangreicher Prozessdaten durch Maschinelles Lernen entstehen.
Ziel des Forschungsprojekts »KI4ToolPath – Geometrieunterstützte Klassifizierung von Prozesszuständen zur Bahnplanungsunterstützung am Beispiel des WAAM-Prozesses« ist eine vollständig digitale Prozessplanung für das Wire Arc Additive Manufacturing (WAAM). Dabei werden Prozessfehler durch datenbasiertes maschinelles Lernen bereits während der Bahnplanung erkannt und kompensiert. Der Fokus der Entwicklungsarbeiten liegt auf der Implementierung von Schnittstellen zwischen den Software- und Hardwarekomponenten für die Datenaufnahme, -weiterleitung und -verarbeitung.
Die automatisierte Prozessplanung verbessert die Zuverlässigkeit und die Qualität des WAAM-Verfahrens deutlich: So verkürzt sich etwa die Durchlaufzeit des Fertigungsprozesses um rund 20 Prozent. Darüber sinkt die Ausschussrate, ebenso wie die Zahl der Geometrieabweichungen und damit der verbundene Prüf- und Nachbearbeitungsaufwand.
Im ersten Projektabschnitt integrieren die Projektpartner verschiedene Sensoren in die WAAM-Anlage. Während der Fertigung nehmen die Sensoren ausgewählte Prozessdaten auf, beispielsweise die Geometrie der Schweißraupen oder ein Temperaturprofil. Diese Daten werden anschließend der Künstlichen Intelligenz (KI) zugeführt, die die Daten für das Machine Learning nutzt.
Um genügend Datenvolumen für das Training des KI-Systems zu erzeugen, werden zu Projektbeginn festgelegte Geometrien in der WAAM-Anlage vielfach aufgebaut; dabei werden die Limits des Prozesses ausgereizt. Auch Prozessinstabilitäten und -abbrüche werden aufgenommen und leisten einen wichtigen Beitrag zum Anlernen der KI. Tests verschiedener Prozess- und Regelstrategien dienen dazu, ein möglichst breites Datenfeld zu erzeugen.
Die Prozessdaten werden zur Weiterverarbeitung an eine KI-Plattform weitergleitet. Für den Transfer zwischen Sensorik und KI entwerfen die Forscherinnen und Forscher im Laufe des Projekts eine geeignete Schnittstelle mit einer passenden Datenstruktur. Um die Daten nutzbar zu machen, entwickeln die Projektpartner zudem einen sogenannten Auto-Encoder, der zur Dimensionsreduktion und Weiterverarbeitung der verschiedenen Datenformate dient. Diese einheitlich »übersetzten« Daten dienen im nächsten Schritt zum Training einer Künstlichen Intelligenz.
Die KI-Algorithmen werden dann in die Bahnplanung integriert: Indem die KI mit großen Datenmengen aus dem WAAM-Prozess trainiert wird, entsteht erstmals eine Bahnplanungsstrategie, in deren Möglichkeitsportfolio auch ungewollte Prozessschwankungen einbezogen werden. Die Bahnplanung für den WAAM-Prozess ist besonders herausfordernd, da die Bauteiltemperatur im Laufe der Bearbeitung stark variiert. Gleichzeitig hat die Temperatur einen direkten Einfluss auf das Prozessergebnis.
Solche wichtigen Faktoren wie die Bauteiltemperatur können mit dem neuen digitalen Bahnplanungssystem erstmals bereits vor der Fertigung berücksichtigt. Die neuen Strategien gewährleisten zudem, dass das Temperaturniveau durch die automatisierte Anpassung der Bahnreihenfolge konstant bleibt.
Das Forschungsprojekt »KI4ToolPath – Geometrieunterstützte Klassifizierung von Prozesszuständen zur Bahnplanungsunterstützung am Beispiel des WAAM-Prozesses« wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Forschungsprojektes »KI4ToolPath« gefördert. Förderkennzeichen: 01IS22021C
DLR Projektträger – Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.