In vielen metallverarbeitenden Branchen wie beispielsweise dem Werkzeug- und Formenbau sind immer häufiger individuell gestaltete Bauteile in Kleinstserien gefragt. Insbesondere bei der simultan fünf-achsigen Fräsbearbeitung führt eine Prozessoptimierung an der Maschine zu hohen Aufwänden bei der Prozessauslegung und den Materialkosten. Eine zielsichere Fertigung von Gutteilen im ersten Versuch spart hier Kosten ein und verschafft gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen auf dem internationalen Markt eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit. Um diese zu gewährleisten, ist jedoch eine zielsichere Auslegung von Fertigungsprozessen unabdingbar.
Die Prozessauslegung basiert derzeit auf Erfahrungswerten für die Prozessparameter und einer geometrischen Berechnung des Werkzeugpfads. Die tatsächliche Maschinendynamik, etwa Trägheit und Beschleunigungsgrenzen der Maschinenachsen, wird bei der Werkzeugpfadberechnung nicht berücksichtigt. Der von der Maschine tatsächlich zurückgelegte Werkzeugweg entspricht dementsprechend nicht exakt dem im CAM-System berechneten.
Weicht die Geometrie des gefertigten Bauteils von der geplanten Gestalt ab, zieht das mitunter große Nachbearbeitungsaufwände und hohe zusätzliche Kosten nach sich. Die Nachbearbeitungsaufwände zu minimieren und individualisierte Bauteile effizient und flexibel fertigen zu können, verschafft Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil und sorgt für mehr Resilienz gegenüber Marktveränderungen.
Im Forschungsprojekt »M-TOPP – Machine-Tool Optimized Path and Process Planning« entwickeln die Projektpartner ein digitales Verfahren, das maschinenspezifische Einflussgrößen systematisch bei der Planung des Werkzeugpfads berücksichtigt. Dazu erweitert das Projektteam die Funktionalitäten einer am Fraunhofer IPT entwickelten NC-Analysesoftware zur maschinenoptimierten Prozessplanung und integriert sie in ein CAD/CAM-System.
Mithilfe der optimierten NC-Simulationssoftware und der Kopplung an das CAD/CAM-System wird es künftig möglich sein, den Zusammenhang zwischen der Prozessplanung und dem realen Bearbeitungsergebnis exakter zu bestimmen. Dadurch wird die Prozessauslegung erheblich verkürzt und die Bauteilqualität bereits zu Beginn der Fertigung im Vergleich zu einem konventionellen Vorgehen wesentlich verbessert.
Für ihre Forschungsarbeiten im Forschungsprojekt »M-TOPP« nutzt das Projektteam die im Fraunhofer IPT entwickelte Software »NCProfiler« , ein Tool zur Analyse und Simulation des NC-Codes. Der »NCProfiler« berücksichtigt für die Analyse sowohl Daten über die Maschinenkinematik als auch Informationen über die dynamischen Besonderheiten der einzelnen Achsen sowie individuelle Steuerungseigenschaften. Unterstützt werden alle gängigen NC-Formate, beispielsweise Heidenhain iTNC, Sinumerik oder ISO-NC, aber auch Zwischenformate wie APT oder CLDATA.
Das Projektteam integriert die NC-Software über eine Webanbindung als Microservice in eine bestehende CAD/CAM-Umgebung. Durch die Kopplung der beiden Programme können die CAM-Programmierer nicht nur Werkzeugpfade planen, sondern auch den Bearbeitungsprozess für die jeweiligen Maschinen mitsamt der Maschinenkinematiken analysieren und simulieren.
Um die Qualität der Bearbeitungsergebnisse auf der Fräsmaschine schon im ersten Versuch zu steigern, erweitern die Forscherinnen und Forscher den NCProfiler durch maschinenspezifischen Einflussfaktoren wie Maschinensteuerung, Dynamikgrenzen und Prozess-Konfiguration (Aufspannsituation, Wahl des Maschinentyps).
Die erweiterte Simulationssoftware zeigt den Bearbeitern visuell an, wenn der von ihnen geplante Werkzeugpfad auf der jeweiligen Maschine in der Realität nicht zu dem gewünschten Werkstück-Ergebnis führt.
Um die NC-Simulation für verschiedene Prozesse und Maschinentypen flexibel anwendbar zu machen, erarbeitet das Team mithilfe von Standardmaschinenuntersuchungen eine neuartige Kalibrierungsmethode.
Dazu werden auf verschiedenen Fräsmaschinen einfache Achsbewegungen ausführt und Daten über Einflussgrößen wie Trägheit und Anfahrzeiten erfasst.
Mithilfe der erhobenen Daten lässt sich eine Maschinenkonfigurationsdatei erstellen, die dem NC-Profiler zur Verfügung gestellt wird. Das Ergebnis ist eine Berücksichtigung der Einflussfaktoren Maschinensteuerung, Dynamikgrenzen und Prozess-Konfigurationen bei der NC-Pfaderstellung. Der NC-Pfad kann mit weniger Aufwand und mehr relevanten Einflussgrößen geplant und simuliert werden.
Die erweiterte, flexiblere NC-Software wird im letzten Projektabschnitt anhand eines Demonstratorbauteils mittels fünf-Achs-Fräsbearbeitung validiert.
Das Forschungsprojekt »M-TOPP – Machine-tool optimized path and process planning« wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen des Förderprogramms »IGF – Industrielle Gemeinschaftsforschung« gefördert.
Förderkennzeichen: 22184 N/2
Projektträger: Aif/ IGF