Im Projekt »Squish« entwickelte das Fraunhofer IPT gemeinsam mit Industriepartnern zwei neue Werkzeugkonzepte als Alternative zur herkömmlichen Nachbearbeitung gefräster Bauteiloberflächen. Zum einen wurde ein Diamantdrückwerkzeug, zum anderen ein Hartmetall-Kugelkopfwerkzeug mit stark verrundeter Schneidkante entwickelt und erprobt. Ziel beider Werkzeugkonzepte ist, durch einen zusätzlichen Bearbeitungsschritt die Oberflächenrauheit nach der Fräsbearbeitung derart zu reduzieren, dass sich die Dauer der nachgelagerten Polierbearbeitung deutlich verkürzt. Zudem werden durch den Drückprozess Druckeigenspannungen in die Oberflächenrandzone des Bauteils eingebracht, sodass sich die Verschleißfestigkeit der Werkzeugform im Einsatz erhöht.
Durch den Kontakt der Werkzeuge mit der Bauteiloberfläche werden die Rauheitsspitzen, die während Fräsbearbeitung entstehen, eingeebnet. Bei dem Diamantdrückwerkzeug drückt eine Diamantkugel auf die Bauteiloberfläche. Ähnliche Werkzeugsysteme sind bereits für rotationssymmetrische Bearbeitungen im Einsatz. Bei dem Hartmetall-Kugelkopfwerkzeug wirkt die große Verrundung der Schneidkante wie ein Drücksteg. Durch den großen Schneidkantenradius erzeugt der Kontakt zwischen Werkzeug und Werkstück keine Spanabnahme. Stattdessen drückt die abgerundete Schneidkante auf die Werkstückoberfläche und ebnet die Rauheitsspitzen ein.
Beide Werkzeugkonzepte können automatisiert auf konventionellen 3- oder 5-Achs-Bearbeitungszentren ohne zusätzliche Maschinenaggregate eingesetzt werden. Die Werkzeugbahnen entsprechen weitestgehend denen der Fräsbearbeitung. Daher ist keine gesonderte Programmierung erforderlich und es entstehen nur geringe zusätzliche Aufwände bei der Arbeitsvorbereitung.
Untersuchungen am Fraunhofer IPT zeigten, dass sich die Oberflächenrauheit mit den beiden Werkzeugen sowohl in Vorschubrichtung als auch quer zur Vorschubrichtung im Vergleich zur Fräsbearbeitung um mehr als 50 Prozent reduzieren lässt. Die Aufgabe des Fraunhofer IPT war es nun, die optimalen Prozessparameter für den Einsatz der innovativen Werkzeugkonzepte zu identifizieren. Neben den geometrischen Prozessparametern lag der Fokus auf möglichen Vorschub- und Schnittgeschwindigkeiten. Es galt also, maximale Bahnabstände zu ermitteln, um sowohl die Bearbeitungszeit bei der vorgelagerten Fräsbearbeitung zu senken als auch die Dauer der Oberflächennachbearbeitung zu verkürzen. Basierend auf den Untersuchungen konnte das Fraunhofer IPT den Endanwendern im Forschungsvorhaben ein optimales Prozessparameterfenster für das jeweilige Werkzeugkonzept vorgeben.
Abschließend wurden verschiedene Beschichtungen erprobt, um mögliche Standzeiterhöhungen zu erzielen.
Durch die beiden neuen Werkzeugkonzepte wird der bisher übliche Polieraufwand deutlich reduziert. Künftige Prozessketten im Werkzeug- und Formenbau können im Anschluss an die Schlichtfräsbearbeitung auf dem gleichen Bearbeitungszentrum eines der beiden neuen Werkzeugkonzepte nutzen. Dafür müssen lediglich der Bahnabstand sowie die axiale Zustellung in der bestehenden CAM-Bahnplanung angepasst werden. Der zusätzliche Aufwand dafür ist sehr gering – vor allem im Vergleich zu den Einsparungen, die durch kürzere Polier- und Rüstzeiten sowie geringere Investitionskosten im Vorfeld entstehen.
Das Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Projektträger Karlsruhe