Im Kontext der personalisierten Medizin erlangt die individualisierte Pharmakotherapie immer größere Bedeutung. Dabei stellen die Wirkstofffindung, die Wirkstoffdosierung sowie die Voraussage unerwünschter Nebenwirkungen die zentralen Parameter dar. Bislang basierten derartige prädiktive Studien überwiegend auf genetischen Untersuchungen oder klinischen Befunden. Jüngste Fortschritte auf dem Gebiet der Zellreprogrammierung eröffnen die Möglichkeit, Wirkstoffuntersuchungen direkt an von der jeweiligen Erkrankung betroffenen menschlichen Zellen durchzuführen, die direkt vom Patienten gewonnen werden können.
Im Projekt StemCellFactory III, der mittlerweile dritten Förderphase, wurde diese einzigartige Ressource genutzt, um zelluläre Testsysteme für Wirkstofftestung und die personalisierte Pharmakotherapie im Bereich neuropsychiatrische Erkrankungen zu entwickeln. Aufbauend auf einer von den Projektpartnern bereits entwickelten, in Europa einzigartigen Struktur für die automatisierte Zellreprogrammierung von Hautfibroblasten (StemCellFactory) wurden in der derzeit dritten Projektphase Verfahren zur automatisierten Herstellung patienten- und krankheitsspezifischer induziert pluripotenter Stammzellen (iPS-Zellen) aus einfach zu gewinnenden Blutproben erarbeitet. Um den Effekt einzelner genetischer Veränderungen auf die zellulären Krankheitsprozesse optimal abzubilden, wurde erstmals das erst seit kurzem verfügbare Verfahren der Genomeditierung (CRISPR-Cas9) als automatisierter Vorgang integriert. Aus den iPS-Zellen standardisiert erzeugte Hirngewebe-ähnliche 3D-Aggregate (Organoide) wurden für metabolische Untersuchungen zur patientenspezifischen Wirkstoffdosierung sowie Prädiktion von Wirkung und Nebenwirkungen eingesetzt. Hierfür wurden Testsysteme und Plattformtechnologien für die unmittelbare Anwendung in der Therapieplanung und -entwicklung generiert, deren Verwertung durch am Konsortium beteiligte Unternehmen sowie bereits etablierte Verbindungen zu externen Partnern aus der Pharmabranche erfolgte.
Detailliertere Informationen zum Projekt und den entwickelten Technologien, sowie Neuigkeiten finden Sie auf der Projekthomepage www.stemcellfactory.eu.
Neben der Koordination des Forschungsprojektes »StemCellFactory III« war das Fraunhofer IPT insbesondere für das Risiko-, Daten- und Qualitätssicherungsmanagement nach GMP-Richtlinien als auch die hardware- und softwareseitige Aufrüstung der StemCellFactory verantwortlich.
So sollte zum einen ein Konzept für das Qualitätssicherungsmanagement entwickelt werden, welches die Nutzung der StemCellFactory als Produktionsplattform für pharmazeutisch relevante Zellprodukte erlaubte. Dazu wurde die StemCellFactory hinsichtlich ihrer Konformität zur guten Herstellungspraxis (GMP) und damit einhergehenden zulassungsrechtlichen Anforderungen untersucht. In einem geführten Prozess wurden alle bestehende Protokolle, die verwendeten Materialien, die integrierten Geräte und Software sowie weitere, direkt einfließende Faktoren hinsichtlich der Übereinstimmung mit GMP-Richtlinien analysiert. Ausgehend von dem Analyseergebnis wurden für alle kritischen Stellen in der Plattform oder im Prozess konkrete technisch-organisatorische Lösungen entwickelt und in einem Maßnahmenkatalog festgehalten. Parallel dazu wurden alle neu entwickelten Prozesse vor Integration auf der SCF hinsichtlich ihrer GMP-Konformität geprüft.
Für eine erhöhte Grob- und Feinplanung der Prozesse und Ressourcen sowie für ein zentrales Datenmanagement wurde die StemCellFactory zudem um ein MES erweitert. So werden Ressourcenmanagement, Auftragsmonitoring sowie Zugriffsrechtemanagement sichergestellt. Dies garantierte vor allem den Schutz sensibler Patientendaten als auch die IT-Sicherheit der StemCellFactory.