Das Kunststoffspritzgießen ist eines der bedeutsamsten und wirtschaftlichsten Verfahren zur Serienherstellung von Kunststoffprodukten in allen Anwendungsbereichen. Spritzgießformen sind dabei die wichtigsten Komponenten für ein kunststoffverarbeitendes Unternehmen, da sie über die Qualität, Leistungsfähigkeit und Effizienz der erzeugten Kunststoffprodukte entscheiden. Oftmals besitzen die Formen strukturierte Oberflächen, die dazu dienen, dem Kunststoffprodukt ein besonderes Design oder eine spezielle Funktion zu verleihen. Beispiele hierfür sind genarbte Kunststoffbauteile im Automobil, beispielsweise am Armaturenbrett oder Airbagpralltopf.
Beim Spritzgießvorgang können diese Formen beispielsweise durch das Befüllen mit faserverstärktem Kunststoff schnell verschleißen oder aufgrund fehlerhafter Handhabung beschädigt werden. Dann ist eine Reparatur oft nicht mehr oder nur mit hohem manuellen Aufwand möglich. Für das produzierende Unternehmen folgen daraus zeit- und kostenintensive Neubeschaffungen, lange Reparaturzeiten oder sogar ein Produktionsstopp.
Lösungsweg – Systemlösung zur vollautomatisierten Reparatur
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung bewilligte im November 2015 das Verbundprojekt "ToolRep" (Förderkennzeichen 02P14A032). Dieses Projekt wurde von den Unternehmen ACSYS Lasertechnik GmbH, EUTECT GmbH, Precitec Optronik GmbH, Werkzeugbau Siegfried Hofmann GmbH, dem Institut für optische Systeme der Fachhochschule Konstanz und dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT gemeinsam durchgeführt, um eine ganzheitliche Reparaturlösung zu entwickeln.
Das Forschungsprojekt ToolRep hatte zum Ziel, ein hybrides Laserbearbeitungszentrum zur automatisierten Reparatur von Spritzgussformen zu realisieren. Dabei wurden Forschungs- und Entwicklungsbedarfe in den Bereichen Messtechnik, Maschinenbau, Laserprozessregelung, additive Fertigung und 3D-Bahnplanung identifiziert und entsprechende Lösungsansätze entwickelt. Dies führte zur erstmaligen Umsetzung einer vollständigen und durchgängigen Prozesskette zur Werkzeugreparatur in einem automatisierten, laserbasierten Verfahren.
Der Ausgangspunkt für alle Schritte des automatisierten Reparaturprozesses war die Inspektion der Werkzeugoberfläche. Während diese in manuellen Prozessen in der Regel visuell erfolgt, wurde im Rahmen des Projekts eine Methode entwickelt, um die Oberfläche hochauflösend zu digitalisieren und die erzeugten Daten für die weitere Bearbeitung zu verwenden. Das Fraunhofer IPT entwickelte gemeinsam mit einem Projektpartner ein Messgerät, das auf einem interferometrischen Sensor basiert und mithilfe einer Lichtleitfaser in den Strahlengang des Gravurlasers eingeführt werden kann. Dadurch kann der Sensor die gleiche Oberfläche sehen wie der fokussierte Laserstrahl, was eine genaue Erfassung der Oberfläche an und um die Defektstelle sowie eine In-situ-Messung der beim Auskoffern und Planieren abgetragenen Oberfläche ermöglicht. Dank der Faserkopplung kann der Sensor weit entfernt von der geschädigten Werkzeugoberfläche und der Materialbearbeitung positioniert werden, was zu geringen geometrischen Einschränkungen am Laserbearbeitungskopf und keinen Bauteil- oder Achsbewegungen zwischen den Gravur- und Messschritten führt.
Im Rahmen des Projekts wurde auch eine selbstlernende Software zur Analyse der Oberflächentextur entwickelt. Diese bewertet Oberflächenmerkmale und deren Ausprägung, erkennt Abweichungen als mögliche Defekte und ermöglicht die Gravur entsprechender Taschen in die Werkzeugoberfläche. Hierbei wird ein Volumenmodell erstellt, das mithilfe eines "Slicers" in einzelne Schichten zerlegt und nacheinander abgetragen wird. Die Schichtdicken werden durch die verwendeten Laserparameter festgelegt. Während beim Auskoffern und Planieren der Fokus auf maximalem Materialabtrag liegt, werden beim Texturieren deutlich sanftere und damit weniger produktive Laserparameter verwendet.
Am Ende des Projekts wurden die entwickelten Baugruppen in einem Systemdemonstrator validiert. Dieser wird vom am IPT entwickelten "Calm"-Modul (Computer-aided Laser Manufacturing) gesteuert. Das Modul bietet eine Schnittstelle zur Messtechnik sowie zur Steuerung des Gravurlasers mit Bearbeitungskopf und zur CNC-Achssteuerung, sowie zum Schweißlaser mit kraftgeregeltem SWF-Modul. Es integriert auch die Defektdetektionsalgorithmen, die Textursynthese und die Kinematik des Demonstrators. Dadurch ist es möglich, auf Basis der Werkzeuggeometrie und der gemessenen Oberfläche die erforderlichen Bahnvektoren für die Reparatur zu berechnen und über die Achsen oder den Bearbeitungskopf auszugeben.
Projektträger Karlsruhe (PTKA-PFT)