Herkömmliche Faserverbund-Kunststoffe wie Kohle- oder Glasfasern waren lange Zeit der etablierte Standard in der industriellen Fertigung. In Form und Funktion haben sie sich bewährt, unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sind sie jedoch defizitär. Neue biologische Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen bergen das Potenzial die stark emissionsbehafteten Rohstoffe aus der Produktion zu verdrängen. Mit dem Einsatz neuer biobasierter Faser- und Kunststoffmaterialien müssen neue Herstellungsprozesse entwickelt werden, mit denen sich diese zu hochwertigen faserverstärkten Kunststoffen verarbeiten lassen. Zudem trägt die Digitalisierung von Produktionsabläufen dazu bei, den gesamten Produktionsprozess effizienter zu gestalten. Im Forschungsprojekt »VIBRIO« entwickeln die Projektpartner einen vibrationsunterstützten Produktionsprozess für hochfunktionale Composite-Bauteile aus biologischen Materialien. Die Produktionsdaten werden in einem digitalen Zwilling erfasst und für die Prozesssteuerung sowie die Qualitätsbeurteilung genutzt.
In der Faserverbundkunststoffindustrie wird der Doppelbandpressprozess eingesetzt, um Fasern- mit thermoplastischem Kunststoff in einem kontinuierlichen Prozess zu imprägnieren und zu einem Halbzeug zu verarbeiten. Dabei wird der Kunststoff durch Erwärmung aufgeschmolzen und durch den Prozessdruck ein Fließen zwischen die Fasern erzielt. Im Projekt »VIBRIO« nutzt das Projektkonsortium Naturfasern, die mit einem biologischen Kunststoff imprägniert werden. Die Wissenschaftler setzen im Projekt ein vibrationsgestütztes Verfahren ein, um die Fließ- und Benetzungseigenschaften der Kunststoffschmelze zu verbessern. Damit die Projektpartner die optimalen Verarbeitungsparameter bestimmen und reproduzierbar anwenden können, fließen die Produktionsdaten in den digitalen Zwilling des Bauteils.
Wurde das Fasermaterial erfolgreich mit dem Kunststoff imprägniert, lässt sich das Halbzeug in weiteren Verarbeitungsverfahren, wie Tapelegen, Thermoformen und Hinterspritzen, funktionalisieren. Am Ende dieser Prozesskette steht als Demonstratorbauteil eine Fahrradsattelschale. Auf andere Applikationen aus der Sport- und Freizeitindustrie, der Automobilbranche oder des Transport- und Bauwesens lässt sich die entwickelte Basistechnologie ebenfalls anwenden. Die Forschungsschwerpunkte des Fraunhofer IPT im Projekt liegen auf der Verarbeitung und Funktionalisierung des biobasierten Tapes im Lasergestützten 3D-Tapelegen, dem Thermoforming, der Integration der Messtechnik sowie der Datenerfassung und -auswertung im digitalen Zwilling.
AZL der RWTH Aachen
Das Forschungsprojekt »VIBRIO« wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen Technologietransfer-Programm Leichtbau (TTP LB) gefördert.
Förderkennzeichen: 03LB3102B