Das Ziel des Forschungsprojekts »VITAMINE_5G – Virtual reality environment for Additive Manufacturing enabled by 5G« war es, die Fertigung sicherer, transparenter und besser steuerbar zu machen. Dazu errichtete das Projektteam eine digitale Virtual-Reality-Umgebung, in der die Maschinenbediener ein realitätsgetreues Prozessabbild betrachten können. Als Beispielanwendung haben wir das additive Fertigungsverfahren »Laserauftragschweißen mit Draht«, kurz LMD-w, gewählt.
Aufgrund der Laserstrahlung und gesundheitsschädlicher Rauchgas- und Partikelemissionen sind beim LMD-w strenge Sicherheitsmaßnahmen nötig, etwa Sicherheitswände mit sehr kleinen, dunkel getönten Fenstern. Diese Sicherheitsmaßnahmen haben zur Folge, dass die Maschinennutzer den Fertigungsprozess nur schlecht überwachen können; ein Eingreifen in den laufenden Prozess ist unmöglich. Tritt ein Fertigungsfehler auf, kann dieser immer erst im Nachhinein identifiziert werden. Diese rückwirkende Betrachtung gestaltet es schwierig zu analysieren, warum und wo genau der Fehler entstanden ist und wie er sich künftig vermeiden lässt. In der Folge ist die Ausschussrate bei mittels LMD-w gefertigten Bauteilen recht hoch, sodass die Technologie trotz ihrer zahlreichen Vorzüge für die industrielle Praxis nicht sehr attraktiv ist.
Im Forschungsprojekt»VITAMINE_5G« wurde eine neue Interaktionsmöglichkeit zwischen Personal, Maschinen und Prozessen geschaffen – basierend auf 5G-Technologie. Dazu wurde am Fraunhofer IPT eine 5G-Infrastruktur installiert, die eine kabellose Erfassung, Übertragung und Verarbeitung von Auftragsschweißprozessdaten ermöglicht.
Die Forscherinnen und Forscher beschrieben zunächst die Maschine in ihren Einzelsystemen und definierten die erforderliche Sensorik. Die Maschinenkomponenten wurden als 3-D Konstruktionen aufbereitet, sodass sie in einer virtuelle Umgebung eingesetzt werden konnten.
Die erfassten Daten wurden mit vom Projektpartner Moduleworks generierten Werkzeugbahnen angereicherten und in einer VR-Anwendung der RWTH Aachen visualisiert, sodass die Nutzer den Prozess intuitiv auswerten können. Nutzerstudien des Projektpartners HNI bestätigten die hohe Anwendungsfreundlichkeit. Ergänzend sorgt eine vom Projektpartner Camaix entwickelte Datenbanklösung für eine strukturierte Speicherung und Weiterverarbeitung.
Bei der Aufnahme und Verarbeitung der Prozessdaten fallen riesige Datenmengen an. Die Datenübertragung über herkömmliche kabellose digitale Infrastrukturen wäre für eine Echtzeit-Prozessüberwachung viel zu langsam. Für die Übertragung und Verarbeitung der enormen Datenmengen nutzten die Forscherinnen und Forscher daher die 5G-Infrastruktur des »5G-Industry Campus Europe« auf dem Aachener RWTH-Campus.
Ein 5G-Router und mehrerer 5G-HATs wurden erfolgreich am Fraunhofer IPT installiert und in die 5G-Forschungsinfrastruktur integriert. Mittels Testdaten wurden Stresstests absolviert, um die maximalen Datentransferraten über das 5G-Netzwerk zu ermitteln. Anschließend wurden die installierten Sensoren hinsichtlich der Datenaufnahme und Datenverarbeitung optimiert. Dafür wurden die Datenfrequenzen mit dem 5G-Netzwerk untersucht. Die kabellose Anbindung durch das 5G-Netzwerk wurde mit den 5G-HATs ermöglicht, um die Sensordaten kabellos an ein Computersystem zu transportieren. Der empfangende Computer wurde ebenfalls mit einem 5G-HAT ausgerüstet. Im letzten Projektabschnitt wurden schließlich Prozessdaten an die VR-Umgebung übertragen.
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts leisten ein wichtigen Beitrag, um die Prozessüberwachung beim LMD-w deutlich verbessern. Durch die mittels Datenakquise gewonnen neuen Erkenntnisse über die Prozesse steigt die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse, und die Produktion wird resilienter. Das ebnet den Weg für eine industrielle Serienproduktion mittels LMD-w auf höchstem Standard. Die Projektergebnisse können Unternehmen zudem dabei helfen, VR-Anwendungen sowie die 5G-Technologie in die eigenen Produktionsabläufe zu integrieren.
Perspektivisch dienen die Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt » VITAMINE_5G« als Basis, um an interaktiven Lösungen zu forschen. Geplant sind Forschungsarbeiten zu Lösungen, damit die Maschinenbediener künftig während des Prozesses mit der Maschine interagieren können. So können sie im Falle eines Fehlers eingreifen, bevor das Bauteil unbrauchbar ist.
Das Forschungsprojekt »VITAMINE_5G – Virtual reality environment for Additive Manufacturing enabled by 5G« wird durch das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (MWIKE) des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Förderwettbewerbs 5G.NRW gefördert.
Projektträger Jülich
Jahr Year | Titel/Autor:in Title/Author | Publikationstyp Publication Type |
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2024 | Virtual Reality as a Tool for Monitoring Additive Manufacturing Processes via Digital Shadows Rupp, Daniel; Kuhlen, Torsten W.; Rarbach, Sven; Wiechel, Dominik; Pottebaum, Jens; Weidemann, Tizia; Tran, Duc Thanh; Day, Robin; Zielinski, Jonas; Koenig, Valentina; Bremer, Jan; Kosche, Thomas; Grimm, Andreas; Bergs, Thomas; Weissker, Tim; Graessler, Iris |
Konferenzbeitrag Conference Paper |
2022 | VITAMINE_5G. VIrtual realiTy environment for Additive ManufacturINg Enabled by 5G Weidemann, Tizia; Gräfe, Stefan; Erbil, Emre |
Poster |