Fraunhofer Edge Cloud: Offene IT-Testumgebung für Forschung und Industrie
Die Vernetzung von Produktionsanlagen und IT für den Einsatz von Big-Data-Lösungen fordert von Unternehmen einen hohen Aufwand an Ressourcen und viel technische Expertise. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT aus Aachen und sein Forschungspartner German Edge Cloud entwerfen deshalb jetzt in Aachen eine offene Testumgebung für Forschung und Industrie, mit der sich Konzepte einer digitalisierten Produktion praxisnah erproben und schon bald industriell umsetzen lassen.
Edge-Cloud-Systeme, die die Vorteile von Cloud-Technologien mit der Datensicherheit eines Betriebs im eigenen Unternehmensnetzwerk verbinden, eignen sich besonders gut für Abläufe der Maschinen- und Prozessüberwachung und für die anschließende Optimierung der Produktion. Intelligente Sensorik, Tools zur Analyse der damit gewonnenen, meist sehr großen Datenmengen bis hin zu Machine-Learning-Anwendungen lassen sich auf diese Weise vergleichsweise kostengünstig an die bereits vorhandene Unternehmens-IT anbinden und mit ihr nutzen.
Das Fraunhofer IPT und der IIoT- und Edge-Cloud-Lösungsanbieter German Edge Cloud wollen zu diesem Zweck nun den Prototypen einer skalierbaren industriellen Edge-Cloud-Umgebung für Forschung und Industrie auf den Weg bringen: Das Konzept soll im nächsten Schritt auch von weiteren Partnern innerhalb und außerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft erprobt werden und als Blaupause für industrielle Anwendungen, beispielsweise in der Produktion oder im Energiesektor, dienen.
Entwicklung der Produktions-Cloud für Industrieunternehmen am realen Anwendungsfall
Die Hardware für das gemeinsame Entwicklungsprojekt, das für German Edge Cloud von hoher strategischer Bedeutung ist, wird dem Fraunhofer IPT durch das Unternehmen bereitgestellt, das zudem den vollen Support für die Edge-Distribution gewährleistet. Das Aachener Institut arbeitet mit German Edge Cloud bereits im Rahmen einer Forschungskooperation im »International Center for Networked, Adaptive Production« zusammen und wählte den Partner gezielt für die Umsetzung der fraunhofer-eigenen Edge-Cloud-Lösung aus. Ausschlaggebend dafür war nicht zuletzt das Potenzial, das die Aachener Forscher in der offenen und modularen Edge-Cloud-Plattform mit ihrer verteilten Serverinfrastruktur für den Einsatz in der Produktion erkannten.
Praktische Anwendungsbeispiele, die die Leistungsfähigkeit des Systems validieren sollen, bringt das Fraunhofer IPT aus realen Produktionsumgebungen in das Entwicklungsprojekt ein. So kann sichergestellt werden, dass die Fraunhofer Edge Cloud im späteren Einsatz alle Anforderungen der Industrie erfüllt und die erforderliche Leistung bringen wird.
Straffer Zeitplan für eine zukunftsfähige IT-Infrastruktur
Nachdem das Projekt im Oktober 2019 gestartet wurde und im Juni 2020 das Betriebssystem vollständig installiert war, sollen in den kommenden Wochen nun weitere Konzepte für die Erweiterung von Benutzerschnittstellen und Vernetzung umgesetzt werden. Die Hardwareinfrastruktur der Fraunhofer Edge Cloud befindet sich vollständig in Serverräumen des Fraunhofer IPT und ist an die Netzwerkdienste der Fraunhofer-Gesellschaft angebunden.
Zum Einsatz kommt die Fraunhofer Edge Cloud nun, um virtuelle und dezentrale Projekte strukturiert und benutzerfreundlich zu bearbeiten: zur Unterstützung von Forschungs- und Industrieprojekten, aber auch für die interne Nutzung von IT- und Cloud-Diensten. Geplant ist, zukünftig weitere Einsatzfelder der Edge Cloud zu erschließen und eigene Machine-Learning-Projekte oder Anwendungen für verteiltes Rechnen wie International Data Space, Gaia-X und Distributed-Ledger-Technologien aufzusetzen.
Später soll die Fraunhofer Edge Cloud in eine einheitliche Forschungsinfrastruktur überführt werden, in der die mehr als 70 Institute der Fraunhofer-Gesellschaft in Deutschland mit ihren internationalen Kooperationspartnern Rechenressourcen gemeinsam nutzen sowie Daten austauschen und verarbeiten können.
Erste Anwendungen bereits in Erprobung
Nach dem Aufbau der Infrastruktur wurde bereits ein erster Use Case gemeinsam umgesetzt: Ein sogenanntes Produktionscockpit dient der standortübergreifenden Analyse und Weiterverwendung von Messdaten aus unterschiedlichen Maschinen und Prozessen entlang der gesamten Fertigungskette. Dazu werden Planungsdaten ergänzt durch prozessbezogene Kennwerte, gemessene Bauteil- und Maschinenzustände sowie Qualitätsdaten und voraussichtliche Kosten. Diese Daten können dann nicht nur Simulationsmodelle, sondern auch die Prognosen der späteren Fertigungsergebnisse verbessern.