Spielte menschliches Wissen bislang hauptsächlich als Datenquelle beim Anlernen künstlicher Intelligenz eine wichtige Rolle, geht das Fraunhofer IPT gemeinsam mit elf Konsortialpartnern im Forschungsprojekt »GeMeKI – Generalisierung von menschzentrierten KI-Applikationen für die Produktionsoptimierung« einen Schritt weiter: Das Forschungsteam entwickelt zu den drei ausgewählten Fertigungsverfahren Fügen, Trennen und Umformen die Komponenten für ein bedienerfreundliches Expertensystem, das den Menschen und nicht die Softwareanwendung in den Mittelpunkt stellt. Ziel ist es, die Mensch-Maschine-Interaktion in beide Richtungen zu verbessern und auf diese Weise auch die Akzeptanz digitaler Assistenzsysteme im betrieblichen Alltag zu steigern. Als Ergebnis des Forschungsprojekts entsteht ein Gesamtsystem aus KI, Sensorik und Produktionstechnik, das sich – im Gegensatz zu den bisher häufig eingesetzten Insellösungen – nahtlos in die Wertschöpfungskette einfügen kann und sich an beliebige weitere Anwendungsfelder anpassen lässt.
Für die Nutzerinnen und Nutzer gibt es in diesem System stets mehrere Schnittstellen zur Interaktion: An die Stelle des gängigen unidirektionalen Ablaufs, bei dem der Mensch die gefundenen Lösungswege der KI bewertet, selbst aber kein Feedback erhält, soll hier ein dynamischer, bidirektionaler Prozess treten. Das bedeutet, dass die Nutzenden in der Anwendung der gefundenen Lösungen aktiver als bisher in das Geschehen eingreifen, selbstständig korrigieren können und mithilfe von Sensorik neue, verbesserte Rohdaten erzeugen, die die KI-Modelle mit weiteren Informationen anreichern.
Das Fraunhofer IPT fokussiert sich im Projekt auf Kaltumformprozesse, beispielsweise in der Automobilindustrie oder der Luftfahrtbranche. Diese erfordern gute Fachkenntnisse der Maschinenbedienenden, die den Verschleiß komplexer Folgeverbund- und Transferwerkzeuge als langjährige Expertinnen und Experten nicht selten intuitiv oder anhand der Geräusche, die sich im Einsatz der Werkzeuge mit der Zeit verändern, erkennen. Der Werkzeughersteller Franz Pauli GmbH & Co. KG, die Meastream GmbH und das Fraunhofer IPT gehen im Projekt »GeMeKI« der Frage nach, wie sich eine vorausschauende Werkzeugwartung und die Einhaltung von Qualitätsstandards durch den Einsatz von KI und Augmented Reality (AR) verbessern lassen. Mittels des AR-Systems können Werkerinnen und Werker fehlerhafte Bauteilstellen markieren. Diese Fehlerdaten fließen in das KI-System zurück und bereichern die Lerngrundlage der KI. Unterstützt wird das System durch eine Laserbeschriftungseinheit, die in das Werkzeug integriert wird. Anhand einer eindeutigen Lasercodierung lassen sich die gefertigten Werkstücke durch das KI-System identifizieren. So kann das System aus der vollständigen Datenbasis des Fertigungsprozesses Zusammenhänge zwischen Werkstückqualität, Prozessführung und Werkzeugzustand ableiten. Den Werkerinnen und Werkern helfen die Informationen bei der Dokumentation und bei der Prozessdiagnose zur Verringerung von Ausschuss und ungeplanten Wartungsarbeiten. So könnten sich in Zukunft in der Auftragsfertigung zwischen fünf und zehn Prozent der Fertigungskosten einsparen lassen.
Die drei Beispielanwendungen dienen den Forschungspartnern dazu, Standards für die Entwicklung und Einführung von KI-basierten Expertensystemen in der Produktion zu setzen. In allen drei Fällen wird deshalb auch die Übertragbarkeit der erarbeiteten Lösungen auf andere Anwendungsfelder berücksichtigt. Ziel des Projektkonsortiums ist es, die Anlernzeit der KI durch eine stärker menschenzentrierte Entwicklung von KI-Werkzeugen und die Einbindung von Augmented Reality um bis zu zwanzig Prozent zu verkürzen. Ihre Einführung in Unternehmen, die heute einige Wochen bis zu mehreren Monaten dauert, soll sich durch die menschenzentrierten, digitalen Einführungs- und Begleitkonzepte um bis zu 25 Prozent verkürzen.
Die Projektpartner Aixbrain GmbH, MT Analytics GmbH und Youse GmbH unterstützen darüber hinaus bei der Entwicklung passender Dienstleistungen und der Implementierung der KI-Systeme in den beteiligten Unternehmen. So steht am Ende des Projekts neben neuem Grundlagenwissen über die Regelkreise der Mensch-Maschine-Interaktion und den Einsatz Künstlicher Intelligenz ein Gesamtpaket aus drei Best Practices zur Verfügung, deren Konzepte sich leicht an weitere Anwendungsfälle und Fertigungsszenarien anpassen lassen.
Projektkoordinator:
aiXbrain GmbH
Projektpartner:
Weitere Projektinformationen unter www.gemeki.de